Drohender finanzieller Engpass Griechenlands schwierige Kassenlage

Athen/Berlin · Griechenland droht für Ende März erneut ein finanzieller Engpass. Womöglich können Renten nicht ausgezahlt werden. Brüssel ist alarmiert und fordert ein Bekenntnis der Griechen zu Reformen.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

Für Griechenland könnte es trotz der Milliarden-Kredite der EU finanziell wieder eng werden. "Tsipras braucht dringend Geld. Dafür muss er die Euro-Gruppe und die Europäische Zentralbank (EZB) von seinem Reformwillen überzeugen, und zwar schon nächste Woche", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sollen den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras aufgefordert haben, sich in einem Brief an die Euro-Gruppe zum Eintreiben von Steuern, zu Privatisierungen sowie anderen Reformvorhaben zu bekennen. Sollte es den Griechen nicht gelingen, von der EZB weitere Kredite zu erhalten, könnte es für die Regierung Ende März schwierig werden, Beamtengehälter und Renten auszuzahlen. Allein bis Ende der Woche muss Athen eine Milliarde Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Foto: dpa, sp ase tba

Griechenland dementiert

Die griechische Seite stellte die Lage am Sonntag anders da. Es gebe kein akutes Liquiditätsproblem, sagte Tsipras. Doch die Stimmung in der Regierung ist gereizt. Die von europäischen Medien gestellte Frage verbiete sich, weil sie weitere negative Wirkungen auf die Erwartungen der Finanzmärkte und aller anderen Wirtschaftsakteure haben könne, hieß es. Finanzminister Giannis Varoufakis habe daher erklärt, den Finanzminister eines Landes zu fragen, wie lange das Geld noch reiche, sei "impertinent".

Yanis Varoufakis – Medienexperte und Ex-Finanzminister
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Der in Athen lebende deutsche Ökonom Jens Bastian betonte, dass die griechische Regierung die Frage nach der Kassenlage des Staates nicht einfach beiseiteschieben kann. "Politiker müssen sich auch impertinente Fragen gefallen lassen und diese dann mit Fakten beantworten", sagte Bastian. Auch die griechische Öffentlichkeit verlange Auskunft über die Haushaltslage. "Das Problem ist, dass die Regierung sich selbst noch keinen ausreichenden Überblick verschafft hat", sagte Bastian.

Varoufakis ist mittlerweile sehr umstritten. An einer Krisensitzung der griechischen Regierung an diesem Wochenende nahm er nicht teil. Zudem muss er sich Vorwürfe gefallen lassen, sich nicht um unversteuerte griechische Vermögen in der Schweiz zu kümmern, durch die er Geld für die Staatskasse erhalten könnte. Dort sollen 800 Milliarden Euro liegen, wie die "Welt am Sonntag" berichtet. Auch wegen einer Homestory mit seiner Frau im Magazin "Paris Match" steht der Finanzminister in der Kritik.

EZB - Griechenlands Totengräber oder Retter in der Not?
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Foto: dpa, Frank Rumpenhorst

Kammenos warf Schäuble Korruption vor

Der Schlagabtausch zwischen Griechenland und der Europäischen Union ging unterdessen weiter. Der rechtspopulistische griechische Verteidigungsminister Pannos Kammenos hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der "Bild"-Zeitung Korruption vorgeworfen. Daraufhin bezeichnete EU-Parlamentspräsident Schulz es als Fehler, dass Tsipras eine Koalition mit den Rechtspopulisten eingegangen sei.

Grünen-Chef Cem Özdemir rief alle Beteiligten zur Mäßigung auf: "Beide Seiten müssen aufhören, mit Emotionen, Stereotypen und persönlichen Angriffen Politik zu machen", sagte Özdemir unserer Redaktion. Das sei nicht nur völlig kontraproduktiv bei der Suche nach Lösungen für Griechenlands Finanzkrise. "Wir dürfen auch nicht zulassen, dass einige Medien oder Politiker in beiden Ländern Feindseligkeiten schüren zwischen den Menschen in Deutschland und den Menschen in Griechenland", betonte Özdemir.

(mar)
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