Eskalation des Schuldenstreits Mehrheit der Deutschen sieht Verantwortung bei Athens Regierung

Düsseldorf · Im Schuldenstreit schieben sich die griechische Regierung und die Gläubiger gegenseitig die Schuld zu. Und die Griechen werden am Sonntag im Referendum entscheiden müssen, wie sie zur Krisenpolitik von EU, EZB und IWF stehen. Aber wie sehen die Deutschen mittlerweile die Krise und was sagen sie zur anstehenden Volksbefragung? Das zeigen zwei neue Umfragen.

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Am Sonntag sollen die Griechen entscheiden, was sie von den Gläubiger-Vorschlägen vom 25. Juni dieses Jahres halten. Für viele aber ist es weit mehr, nämlich eine Entscheidung für oder gegen Europa. In Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Vor zwei Tagen lagen bei einer Umfrage einer griechischen Tageszeitung noch die Reformgegner in Führung, nun sprachen sich nach einer Befragung der Zeitung "Ethnos" 44,8 Prozent der Befragten für die Reformvorschläge aus Brüssel aus, 43,4 Prozent dagegen.

Aber was sagen eigentlich die Deutschen zu der Eskalation des Schuldenstreits? Das haben die Meinungsforschungsinstitute Infratest Dimap für den ARD-Deutschlandtrend und das Forsa Institut für das "Handelsblatt" ermittelt. Demnach ist eine Mehrheit der Deutschen der Ansicht, dass die Regierung in Athen die Verantwortung für die Eskalation des Schuldenstreits trägt. 68 Prozent der Befragten im Deutschlandtrend sagten dies, 24 Prozent sahen die Schuld auf beiden Seiten, und gerade einmal vier Prozent sahen die Verantwortung allein bei anderen EU-Ländern.

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Ähnlich sieht auch das Ergebnis der Umfrage für das "Handelsblatt" aus. Demnach glauben 76 Prozent der Befragten, dass die griechische Regierung die Hauptverantwortung für die bevorstehende Staatspleite des Landes trägt. 17 Prozent sehen diese bei den Geldgebern. Einen neuen Schuldenschnitt für das Land lehnen die Deutschen demnach aber ab (62 Prozent).

Wenn auch Ministerpräsident Alexis Tsipras und seiner Regierung dies angelastet wird, insgesamt sind die Deutschen solidarisch mit dem griechischen Volk. So sagten 60 Prozent der Befragten im Deutschlandtrend, dass sie das Referendum für richtig halten, gerade einmal 36 Prozent sehen dies anders. Und die meisten wollen auch, dass die Griechen weiter im Euro bleiben. Beim Deutschlandtrend sprachen sich 45 Prozent dafür aus (im Februar waren es 51 Prozent), und bei der "Handelsblatt"-Umfrage waren es 48 Prozent (Nein sagten 44 Prozent).

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Foto: afp, alb

Immer wieder hatten Politiker von EU und Bundesregierung betont, dass sie Griechenland im Euro halten wollen, zugleich aber auch gesagt, dass die EU inzwischen auf stabileren Füßen stehe als noch vor ein paar Jahren und ein Grexit nicht automatisch auch massive negative Auswirkungen auf den Euro hätte. Auch die Deutschen sehen das ähnlich, wie die Umfragen zeigen.

Laut ARD-Deutschlandtrend meinen 60 Prozent, dass ein Grexit "für den Rest von Europa wesentlich weniger dramatisch sei als noch vor drei oder vier Jahren". Aber dennoch machen sich 52 Prozent Sorgen, dass sich die Wirtschafts- und Finanzkrise wiederholen könnte, allerdings lag dieser Wert im Februar noch bei 69 Prozent. Auch in der "Handelsblatt"-Umfrage rechnen 67 Prozent der Befragten nicht mit einer neuen Finanzkrise, falls es zum Grexit käme. Und ebenso viele glauben nicht, dass dann noch weitere Länder aus dem Euro ausscheiden würden.

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Die Bundesregierung jedenfalls scheint in den Augen der Befragten vieles richtig zu machen, und da dürfte die Griechenland-Politik durchaus auch eine große Rolle spielen. So sind 57 Prozent laut Deutschlandtrend zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung. Und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt auf seinen besten Wert überhaupt: 70 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden.

(das)
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