Schulden-Drama in Griechenland Führende Syriza-Politiker lehnen Kompromissvorschlag ab

Athen/Brüssel · Nächster Höhepunkt im Schulden-Drama: In Brüssel liegt ein Kompromisspapier auf dem Tisch. Regierungschef Tsipras tut sich schwer, weil sich in seiner Partei Widerstand ankündigt. Am Freitag muss Athen Millionen an den IWF zurückzahlen.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
Infos

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise

Infos
Foto: dapd, Michael Gottschalk

Auch nach dem jüngsten Krisentreffen des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeichnet sich keine Lösung für die Schuldenkrise ab. Führende Politiker der in Athen regierenden Syriza-Partei wiesen den von Juncker gemachten Vorschlag am Donnerstag zurück. Auch Tsipras sagte nach dem mehrstündigen, nächtlichen Treffen in Brüssel, er lehne einige Punkte ab. Details wurden nicht bekannt.

Der Syriza-Geschäftsführer Tassos Koronakis sagte, die Vorschläge könnten keine Basis für ein Abkommen sein. Die Athener Börse reagierte am Donnerstagmorgen mit einem Kursverlust von 2,6 Prozent auf den Ausgang der Krisengespräche.

Athen muss dem IWF allein in diesem Monat 1,6 Milliarden Euro zurückzahlen, die erste Rate über 300 Millionen am Freitag.
Griechenland hat seine Zahlungsbereitschaft versichert. Es ist aber unklar, wie lange es das ohne Hilfe seiner europäischen Gläubiger noch kann. Auf die Frage, wie Griechenland die Zahlung an den IWF am Freitag bewerkstelligen will, sagte Tsipras: "Machen Sie sich darüber keine Sorgen."

Die Rückzahlung ist in Tsipras' Lager jedoch umstritten. Der linke Flügel der Linkspartei Syriza ist der Auffassung, Athen sollte keine Tranchen mehr zahlen, hieß es in Athen. Vertreter des Linksflügels forderten vorgezogene Parlamentswahlen. Das Volk solle entscheiden, wie es weiter gehen soll.

Bei den Verhandlungen zwischen Athen und seinen europäischen Geldgebern geht es um die letzte Rate aus dem EU-Rettungspaket über 7,2 Milliarden Euro. Sie ist seit August 2014 eingefroren. Die Eurogruppe will das Geld nur nach Zusicherung glaubwürdiger Reformen an Athen auszahlen. Seit der Verlängerung des Hilfsprogramms im Februar um vier Monate wird darüber verhandelt.

In der Nachtsitzung gab es erste Annäherungen. "Wir werden die Gespräche in einigen Tagen fortsetzen", sagte der Niederländer Dijsselbloem. Tsipras lobt im Ringen um eine Reformpaket Griechenlands die konstruktive Haltung der EU-Kommission.

Geldgeber und Athen bewegen sich dem Vernehmen nach unter anderem bei der wichtigen Frage des Primärüberschusses (Budgetüberschuss ohne Zinszahlungen) aufeinander zu. Die Gläubiger schlagen nach griechischen Medieninformationen nun ein Prozent für das laufende Jahr vor, bisher war von drei Prozent die Rede gewesen. Athen sei aber selbst die neue Offerte noch zu hoch.

Umstritten bleiben Renten- und Arbeitsmarktreformen. Tsipras sagte, die Geldgeber hätten gefordert, dass Zusatzrenten abgeschafft werden oder dass die Mehrwertsteuer für die Energie erhöht werde. "Das haben wir natürlich abgelehnt", fügte Tsipras hinzu.

Ohne einen Kompromiss bei Reformen - dazu gehören auch Privatisierungen - können blockierte Hilfsgelder von insgesamt 7,2 Milliarden Euro für das akut pleitebedrohte Land nicht fließen.

Nachdem Expertenverhandlungen zwischen Geldgebern und Athen wochenlang keine Ergebnisse brachten, nahmen die "Chefs" persönlich die Griechenland-Krise in die Hand. Eingebunden sind auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande. Sowohl Griechenland auf der einen Seite sowie die Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der IWF auf der anderen Seite hatten Angebote vorlegt. Beide Vorschläge werden nun abgeglichen.

Tsipras sagte zur IWF-Rückzahlung, sein Land habe in den vergangenen Monaten fristgemäß insgesamt 7,5 Milliarden Euro Schulden zurückgezahlt. "Also?" fragte er rhetorisch im griechischen Fernsehen.

Im Juni sind insgesamt Rückzahlungen an den Weltwährungsfonds von knapp 1,6 Milliarden Euro fällig. Athen könnte beantragen, diesen Betrag mit einem Schlag zum Monatsende zu begleichen - das passierte aber dem Vernehmen nach bisher nicht.

Juncker sagte bei einer Veranstaltung: "Ich habe drei Stunden geschlafen nach einer langen, sportlichen Diskussion und Verhandlung mit dem griechischen Premierminister." Im Anschluss müsse er bereits die nächsten Verhandlungen vorbereiten. Zu einem Zeitplan dafür äußerte sich der christsoziale Luxemburger nicht. Das Gespräch mit Tsipras hatte knapp fünfeinhalb Stunden gedauert.

Tsipras muss nach Ansicht der europäischen Konservativen weitere Zugeständnisse machen. "Das Grundprinzip der Eurorettungspolitik bleibt auch bei Griechenland in Kraft. Das bedeutet für Tsipras, dass er Wahlversprechen wird räumen müssen", sagte der Chef der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), der Deutschen Presse-Agentur. "Er hat den Menschen zu viele Hoffnungen, zu viele leere Versprechen gemacht."

(dpa AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort