Griechenland-Krise Juncker bricht Gespräche mit Athen ab

Berlin/Brüssel · Vor dem Finale im Schuldendrama am Donnerstag verliert Griechenland die letzten Unterstützer. Der EU-Kommissionspräsident beendete einen Vermittlungsversuch. SPD-Chef Gabriel kritisiert Tsipras.

 EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

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Im monatelangen Reformpoker mit den Geldgebern hat die griechische Links-Rechts-Regierung unter Premier Alexis Tsipras ihr Blatt offenbar überschätzt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker brach gestern Abend einen Vermittlungsversuch vorzeitig ab, der die verhärteten Fronten zwischen den Geldgebern und Athen auflösen sollte.

Es habe zwar einige Fortschritte gegeben, aber die Gespräche hätten nicht zum Erfolg geführt, teilte eine EU-Sprecherin mit. Es blieben signifikante Unterschiede zwischen den Plänen der Regierung in Athen und den gemeinsamen Anforderungen von Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF).

Die Vorschläge der griechischen Seite seien zudem unvollständig geblieben. Jetzt müsste die Eurogruppe die Diskussionen weiterführen. Das nächste Treffen der Euro-Finanzminister ist für Donnerstag in Luxemburg angesetzt.

Die Zeit für eine Einigung mit den Geldgebern wird knapp. Trifft die Eurogruppe keine Vereinbarung mit Athen, können das zweite Hilfsprogramm Ende Juni nicht abgeschlossen und Hilfstranchen von 7,2 Milliarden Euro nicht ausgezahlt werden. Ohne Finanzhilfen wäre Griechenland Ende Juni zahlungsunfähig und würde unfreiwillig aus dem Euro ausscheiden müssen.

Tsipras verliert auch die Sympathien der gemäßigten sozialdemokratischen Kräfte in Europa, die Griechenland bisher stärker entgegenkommen wollten als die Konservativen. SPD-Chef Sigmar Gabriel griff den griechischen Ministerpräsidenten massiv an.

Überall in Europa, so Gabriel, wachse das Gefühl "Es reicht": "Immer mehr fühlen sich von der griechischen Regierung an der Nase herumgeführt", schrieb Gabriel in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung. Auch in Frankreich, Italien und im Europaparlament gehen Sozialisten und Grüne auf Distanz zu Tsipras.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Das ist Alexis Tsipras

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Gabriel drohte indirekt mit einem Ende der Unterstützung der SPD für weitere Finanzhilfen. Man lasse sich von Griechenland nicht erpressen. "Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen", versicherte Gabriel.

"Die große Mehrheit in der SPD will Griechenland im Euro halten, aber sie verzweifelt immer mehr an der griechischen Regierung, die unendlich viel Vertrauen zerstört hat", sagte SPD-Haushaltssprecher Johannes Kahrs. "Bei uns beginnt die Griechenland-Unterstützung zu bröckeln."

Zudem kommt es zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU nun zunehmend zu Spannungen: Der IWF soll Kompromissangebote der EU in den vergangenen Tagen blockiert haben, weil sie ihm zu weit gingen. Der Fonds kann keinem Land Geld leihen, das sich nicht an Auflagen hält und die Fähigkeit, Schulden dauerhaft zu bedienen, nicht im vereinbarten Zeitraum erreicht.

Griechenlands Euro-Frust in Form von Graffiti
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Griechenlands Euro-Frust in Form von Graffiti

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Für Ifo-Chef Hans-Werner Sinn steht fest: "Der Grexit ist für die Euro-Zone und vor allem für Griechenland selbst viel besser als diese scheinbare Rettungspolitik, die wir seit Jahren betreiben." Nur durch Abwertung der Drachme als neuer Währung könne Griechenland Arbeitsplätze schaffen. "Die ersten beiden Jahre werden hart, aber dann geht es wieder aufwärts, wenn man nicht all zu viel falsch macht. Der Grexit käme auch Deutschland deutlich günstiger als das weitere Durchwursteln."

(mar)
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