Schuldenkrise in Griechenland Molotow-Cocktails und Tränengas begleiteten Parlamentsentscheidung
Athen · Während auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament in Athen die Molotow-Cocktails flogen, begann im Parlament die Debatte über das neue Reform- und Sparpaket mit einem Eklat. Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou kündigte an, die Abstimmung wie in früheren Fällen hinauszögern zu wollen.
Konstantopoulou gehört dem linken Syriza-Flügel an, der das Reformpaket ablehnt. Die Mehrheit der Parlamentarier protestierte jedoch lautstark und forderte einen raschen Durchgang. Die Parlamentschefin verließ daraufhin den Saal und ließ sich durch ihren Stellvertreter ersetzen.
Ministerpräsident Alexis Tsipras verzichtete auf eine Rede vor dem Parlament. Er hatte schon zuvor in der Syriza-Fraktion klargemacht, sollte eine erhebliche Zahl von Abgeordneten nicht für das Paket stimmen, müsste er am nächsten Tag seinen Rücktritt einreichen. Tsipras vermied einen erneuten Auftritt im Parlament, um die Gemüter nicht weiter aufzuheizen und eine Gegenrede von Konstantopoulou zu verhindern, die in Griechenland ebenfalls hohe Popularität genießt. Die Mehrheit für das Reformpaket steht nicht infrage, da ihm auch die Oppositionsparteien Nea Demokratia, Pasok und To Potami zustimmen wollten.
Anlässlich der in Griechenland höchst umstrittenen neuen Reformmaßnahmen kam es am späten Abend zu heftigen Ausschreitungen des Schwarzen Blocks, der Molotow-Cocktails auf Polizisten warf. Sie reagierten mit Tränengas und trieben die Protestler in die Seitenstraßen nehmen dem Syntagma-Platz.
Vor der wichtigen Abstimmung, die gegen 23 Uhr MEZ erwartet wird, hatte Tsipras seiner Partei mit dem Rücktritt gedroht, sollte sich die Syriza-Fraktion nicht mit großer Mehrheit hinter ihn stellen. "Wenn ich eure Unterstützung nicht habe, dann wird es für mich schwierig, auch morgen Regierungschef zu bleiben", sagte Tsipras laut Teilnehmern in einer Fraktionssitzung vor der Abstimmung. Über 30 Abgeordnete des linken Syriza-Flügels wollen mit Nein stimmen. Sollte die Zahl der Tsipras-Gegner über 40 liegen, wird in Athen mit einer Regierungskrise und möglichen Neuwahlen in einigen Wochen gerechnet. Das Linksbündnis Syriza droht zu zerbrechen.
Die 300 Abgeordneten sollen in der Nacht über die Bedingungen für ein drittes Hilfspaket der Geldgeber abstimmen. Dies gilt als Vorbedingung dafür, dass überhaupt Verhandlungen über neue Hilfen von über 80 Milliarden Euro aufgenommen werden.
Verpasst Tsipras bei der namentlichen Abstimmung in der Nacht eine eigene Mehrheit seiner Regierungskoalition, gilt er als angezählt. Er dürfte aber trotz der Rücktrittsandrohung versuchen, in den kommenden Wochen erneut auf die Stimmen der Opposition zu bauen und eine Minderheitsregierung anzuführen. Kein anderer Politiker ist in Griechenland so populär wie Tsipras, dem in Blitzumfragen auch nach seiner Kehrtwende vom Montag die Mehrheit der Bevölkerung vertraut.