Beschlüsse von Brüssel Griechenland landet auf dem Boden der Realität

Brüssel · In letzter Minute hat Griechenland mit den Euroländern eine Einigung im Schuldenstreit erzielt. Sie ist noch an Bedingungen geknüpft und dürfte vielen Wählern der neuen linksgeführten Regierung in Athen nur schwer zu verkaufen sein. Was genau wurde beschlossen? Ein Überblick.

 Viel sagender Blick: Finanzminister Varoufakis in Brüssel.

Viel sagender Blick: Finanzminister Varoufakis in Brüssel.

Foto: afp, ed/JH

Verlängerung der Unterstützung

Die Euroländer stellen die Verlängerung der bisherigen Kreditvereinbarung um "bis zu vier Monate", also bis Ende Juni, in Aussicht. Dabei musste die Regierung in Athen, die eine deutliche Lockerung der Spar- und Reformauflagen will und das bisherige Hilfsprogramm ablehnt, zusichern, dass dies "auf der Basis der Bedingungen der bisherigen Vereinbarung" erfolgt. Allerdings soll auch "der bestmögliche Gebrauch von der bestehenden Flexibilität gemacht wird."

Bedingung sind Reformzusagen

Um die Verlängerung zu bekommen, muss Griechenland bis Montagabend "eine erste Liste mit Reformmaßnahmen" vorlegen, die dann von den drei Institutionen - der bisherigen Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) - im Schnellverfahren geprüft wird. Geben sie sowie eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister am Dienstag grünes Licht, sollen in Ländern, wo dies nötig ist, die Parlamente zustimmen, um die Hilfsvereinbarung rechtzeitig vor Ende Februar zu verlängern. Endgültig festgeklopft werden die Reformen dann bis Ende April.

Kein Geld ohne Überprüfung des Programms

Nur wenn die schon unter der Vorgängerregierung ins Stocken geratene Überprüfung des bisherigen Programms abgeschlossen wird, kann Athen auf das daraus verbleibende Geld hoffen. Dabei geht es um eine letzte Tranche von 1,8 Milliarden Euro sowie Zinsgewinne der EZB durch griechische Staatsanleihen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Keine Aussagen macht die Euro-Gruppen-Erklärung zum Beitrag des IWF. Nach Angaben Athens würde sich damit der Gesamtbetrag auf 7,2 Milliarden Euro summieren.

Kein direkter Zugriff mehr für Geld für griechische Banken

Geld, das bisher im griechischen Bankenhilfsfonds HFSF zur Verfügung steht, wird an den europäischen Rettungsfonds EFSF in Luxemburg zurücküberwiesen. Die Angaben über die Höhe der Beträge gehen auseinander: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach am Freitagabend von acht bis 10,5 Milliarden Euro. Jedenfalls sei mit dem Schritt sichergestellt, dass das Geld "während der verlängerten Programmlaufzeit ausschließlich aufgrund von Entscheidungen der europäischen Bankenaufsicht" eingesetzt werden könnten.

Zusage der vollständigen Schuldenrückzahlung

Die griechische Regierung wollte eigentlich einen teilweisen Schuldenerlass. Die Euroländer lehnen den Schuldenschnitt aber kategorisch ab, weil dieser automatisch zu Milliardenverlusten in ihren nationalen Haushalten führen würde. In der Eurogruppen-Erklärung heißt es nun: "Die griechische Regierung bekräftigt ihre unzweideutige Verpflichtung, ihre finanzielle Verpflichtung gegenüber allen Gläubigern vollständig und rechtzeitig zu erfüllen."

Kleines Zugeständnis beim Primärüberschuss

Die Euroländer stellen Gespräche über das bisherige Ziel für den Primärüberschuss im laufenden Jahr in Aussicht - also den Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung. Nach bisherigen Vorgaben hätte Athen einen Primärüberschuss von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erzielen müssen. Die drei Institutionen werden nun für 2015 aber "die wirtschaftlichen Umstände berücksichtigen" - insbesondere wohl die schwierige Phase vor den Wahlen. Schäuble zufolge gilt aber für die Folgejahre die ursprüngliche Vereinbarung. Demnach müsste Athen 2016 einen Primärüberschuss von 4,5 Prozent schaffen.

Keine Umsetzung von Wahlversprechen ohne Rücksprache

Die griechische Regierung wollte eine Reihe von Reformen ihrer Vorgängerin zurückdrehen und dabei tausende Beamte wieder einstellen, den Mindestlohn und kleine Renten erhöhen sowie Privatisierungen stoppen. In der Erklärung heißt es nun, Athen müsse auf "einseitige Veränderungen der Politik und Strukturreformen" verzichten.

Mögliches Nachfolgeprogramm

Während der Verlängerung bis Ende Juni soll über ein mögliches Nachfolgeprogramm verhandelt werden. Schäuble sagte dazu, die Regierung in Athen wolle aber ja "eigentlich kein Programm, vielleicht schafft sie es".

(AFP)
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