Schuldenkrise in Griechenland Athen strebt Einigung mit Gläubigern am Montag an

Athen/Brüssel/Berlin · Athens Kasse ist leer: Die fällige Milliardenrate an den IWF bleibt Griechenland schuldig, Rentner bekommen nur 120 Euro für eine Woche. Regierungschef Tsipras peilt Verhandlungen mit den Gläubigern an und fordert die Griechen auf, deren Bedingungen abzulehnen.

 Ein Plakat ruft die Griechen dazu auf, bei dem Referendum am Sonntag mit "Nein" zu stimmen.

Ein Plakat ruft die Griechen dazu auf, bei dem Referendum am Sonntag mit "Nein" zu stimmen.

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Im griechischen Schuldendrama geht die Hängepartie weiter. Die Euro-Finanzminister vertagten weitere Beratungen am Mittwoch auf die Zeit nach der Volksabstimmung am kommenden Sonntag. Damit wird das umstrittene Referendum der Griechen über die Sparforderungen ihrer Geldgeber zu einem entscheidenden Faktor im Schuldenstreit mit der EU. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärten, vor weiteren Schritten in der Griechenland-Krise müsse man das Votum abwarten.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras rief seine Landsleute unterdessen auf, die Sparforderungen der Geldgeber abzulehnen. Das "Nein" solle den Druck bei neuen Verhandlungen erhöhen. Den Europartnern hatte Tsipras zuvor hingegen geschrieben, er sei grundsätzlich bereit, ihre wichtigsten Bedingungen zu erfüllen. Dazu hatte gehört, doch noch für ein "Ja" beim Referendum einzutreten.

Varoufakis: Einigung mit Gläubigern am Montag

Nach den Worten von Finanzminister Yanis Varoufakis strebt Athen eine Einigung mit seinen Gläubigern am Montag an, einen Tag nach dem geplanten Referendum. Die Regierung sei bereit, harte Auflagen zu akzeptieren, wenn die Tragfähigkeit der griechischen Schuldenlast gesichert sei, sagte Varoufakis am Mittwochabend im griechischen Fernsehen. Sobald eine Einigung erzielt sei, werde die EZB ihre Notkredite für die griechischen Banken erhöhen und sich die Lage wieder normalisieren.

Derweil verlangte die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt von der Regierung in Athen klare Entscheidungen zu Rüstung, Reichen und orthodoxer Kirche in Griechenland. "Mich nervt die Weigerung, Reformen anzugehen, die für eine linke Regierung selbstverständlich sein müssten", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag der Zeitung "Die Welt".

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Zweites Hilfsprogramm nicht verlängert

Sie riet dem griechischen Ministerpräsident Tsipras: "Athen sollte die Rüstungsausgaben kürzen, die Reichen stärker besteuern - und an die Privilegien der orthodoxen Kirche ran." Die Kirche sei nach dem Staat der zweitgrößte Immobilienbesitzer in Griechenland, zahle aber kaum Steuern. "Und die Priester werden vom Staat entlohnt", kritisierte die grüne Spitzenfrau, die früher Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland war.

Das bisherige Hilfspaket für Athen ist ausgelaufen, noch offene Milliardenhilfen sind damit verfallen. Die am Dienstagabend fällige Rate von 1,54 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlte die Regierung nicht mehr. Auch einen alten Kredit bei der eigenen Zentralbank über 470 Millionen Euro zahlte die Regierung in Athen nicht fristgerecht zurück, wie Notenbankkreise der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

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Die Euro-Finanzminister bestätigten bei einer Telefonkonferenz, dass das zweite Hilfsprogramm für Griechenland nicht verlängert werde. Das gab ihr Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem dem griechischen Regierungschef auch schriftlich. Dijsselbloem erinnert Tsipras in seinem Brief daran, dass Griechenland am 20. Februar seine Pflicht zur Rückzahlung sämtlicher Verbindlichkeiten bestätigt habe.

Unterdessen entschied die Europäische Zentralbank (EZB) nach Informationen aus Notenbankkreisen, die Nothilfen für die griechischen Banken weiterhin auf dem aktuellen Stand von rund 90 Milliarden Euro zu belassen. Griechenlands Banken sind seit Monaten auf diese Hilfen angewiesen.

Ratingagentur Moody's stuft Bonität Griechenlands herunter

Griechische Rentner, die kein Geld aus Bankautomaten ziehen können, bekamen in den Filialen maximal 120 Euro Rente ausgezahlt. Dieser Betrag sollte für eine Woche reichen. Zugleich verkündete Tsipras in seiner Fernsehansprache: "Die Renten und Gehälter sind sicher."

Bei dem Referendum am Sonntag sollen die Griechen sagen, ob sie den Bedingungen der Gläubiger zustimmen oder sie ablehnen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist aber überholt. "Wir sind in einer neuen Lage", sagte der Vizechef der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, in Brüssel. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus hatte Tsipras am Dienstag einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert.

Die Ratingagentur Moody's in London stufte die Bonität Griechenlands am Mittwoch von "Caa2" auf "Caa3" herab. Wie die Agentur zudem mitteilte, sei eine weitere Herabstufung angesichts des Schuldendramas kurzfristig möglich.

Erst zu Wochenanfang hatte die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die angekündigte Volksabstimmung mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands um eine Stufe auf "CCC-" quittiert.

(dpa/REU)
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