Vor dem Referendum Heilsamer Brexit
Meinung | Düsseldorf · In knapp einer Woche stehen die Briten vor einer Schicksalswahl. Die Entscheidung wird tiefe Wunden reißen oder einen Neustart in der EU mit sich bringen.
Zunächst: Es ist nachvollziehbar, dass die EU nach den Schmähungen und Fantasien der britischen Brexit-Befürworter nun ihrerseits rücksichtslos die schmerzhaften Nebenwirkungen präsentiert, die ein Austritt mit sich brächte. Die Trennung würde brutal und schnell vollzogen. Nachsicht darf Großbritannien nicht erwarten.
Den Nachbarn jenseits des Ärmelkanals sollten also wissen, dass Brexit nicht Eigenständigkeit mit Europa bedeutet, so wie es einst der Briten-Legende Winston Churchill vorschwebte. Brexit bedeutet Isolation. Der gemeinsame Binnenmarkt, das einheitliche Recht in der Geschäftswelt, die Reise- und Arbeitnehmerfreizügigkeit, alles wäre weg. Die Vorteile einer integrierten und supranational organisierten Außen- und Sicherheitspolitik? Weg. Die Freihandelsabkommen der EU. Auch das müsste Großbritannien für sich neu verhandeln.
Es ist wichtig, dass die EU nun auf diese Aspekte hinweist, bevor die Wahlurnen geöffnet werden. Die Scheidung könnte teuer werden. Für die Briten. Aber soweit muss es, und die Prognose sei an dieser Stelle erlaubt, wird es nicht kommen.
Die Briten werden sich für Europa entscheiden, weil der Kontinent nur zusammen in der globalisierten Welt bestehen kann. Das Brexit-Szenario könnte am Ende sogar heilsam gewesen sein. Die überfällige Fitnesskur für die EU, die Fokussierung auf das Wesentliche und das Zurückschneiden der Regulierungswut, dürfte endlich umgesetzt werden. Der drohende Brexit als Schuss vor dem Bug. Aber das europäische Schiff würde nicht sinken, sondern flott gemacht.