Massive Kritik an Athen "Alle Fakten sprechen gegen Griechenland"

Berlin · Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul, sieht die Chancen für einen Verbleib Griechenlands im Euro schwinden: "Alle Fakten sprechen dafür, dass es keine Lösung für Griechenland geben wird", sagte Reul unserer Redaktion.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

"Die griechische Regierung ist überhaupt nicht bereit zu dem zu stehen, was verabredet ist. Das ist unbegreiflich." Die Stimmung in Brüssel beschrieb Reul mit den Worten: "Entweder die liefern jetzt, oder es ist vorbei."

An diesem Montag wollen die Finanzminister der Euro-Staaten die Verhandlungen mit Athen fortsetzen. Benötigt wird ein umfassender Reformplan mit konkreten Zusagen und Sparmaßnahmen. Die Vorzeichen verdüsterten sich jedoch zuletzt. Die Troka spielt bereits angeblich mehrere Krisen-Szenarien durch. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble rechnete zuletzt nicht mit substanziellen Fortschritten.

Die Furcht vor der baldigen Pleite holte am Montag die Anleger ein. Der Dax gab 0,5 Prozent auf 11.650 Zähler nach, auch der Euro schwächelte. "Die Anleger werden zusehends pessimistischer", sagt Adam Myers, Stratege bei Credit Agricole. Immer mehr setzten offenbar auf ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone.

Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis bemühte sich unmittelbar vor dem Treffen der Eurogruppe, Dampf aus dem Kessel zu nehmen. Er erwarte eine baldige Einigung mit den Geldgebern. Es gebe bei den Positionen durchaus Gemeinsamkeiten, so Varoufakis am Montag vor dem Treffen. Auf die Frage, an welchen Zeithorizont er denke, antwortete der Minister: "In den nächsten Tagen, denke ich."

Varoufakis zeigte sich zuversichtlich, dass es "ein gutes Treffen" werde, an dessen Ende "wir ein Kommuniqué haben werden, das den von uns gemachten Fortschritt feststellt." Auf die Frage, was er von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwarte, sagte Varoufakis: "Dass sie ihren Job macht. Genau so wie wir unseren Job machen. Jeder in der Eurozone sollte seinen Job machen."

Zudem werde Griechenland Varoufakis zufolge seine für Dienstag ausstehende Zahlung über 750 Millionen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) fristgerecht überweisen. "Griechenland wird immer seine Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern erfüllen und augenscheinlich werden wir das morgen wieder tun", sagte Varoufakis am Montag dem Sender Euronews kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel.

Schäuble: Griechen sollten vielleicht über Euro-Verbleib abstimmen

Derweil muss die griechische Regierung nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) selbst darüber entscheiden, ob sie die Bevölkerung in einem Referendum über die von den Gläubigern geforderten Reform- und Sparmaßnahmen abstimmen lässt. Es wäre "vielleicht sogar eine richtige Maßnahme, das griechische Volk entscheiden zu lassen", sagte Schäuble am Montag beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagte, über ein mögliches Referendum müsse der griechische Regierungschef Alexis Tsipras selbst entscheiden.

Tsipras hat mehrfach gewarnt, dass er ein Referendum abhalten müsse, wenn die internationalen Gläubiger Forderungen stellten, die nicht mit dem Wahlprogramm seiner Partei Syriza vereinbar seien. "Wenn die griechische Regierung meint, sie muss ein Referendum machen, dann soll sie ein Referendum machen", sagte Schäuble, der sich seit Wochen unzufrieden mit dem Tempo der Fortschritte in den Verhandlungen mit Athen zeigt. Das griechische Volk müsse dann darüber abstimmen, "ob es das, was notwendig ist, bereit ist zu akzeptieren, oder ob es das andere will".

"Wir wollen Griechenland helfen, aber Griechenland muss das Seine dazu beitun", betonte Schäuble. Es gebe aber nicht genug Fortschritte, um bei dem Treffen am Montag zu einer Einigung zu kommen. Die linksgeführte Regierung in Athen verhandelt seit Monaten mit den Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds über weitere finanzielle Unterstützung. Dafür muss Griechenland eine mit seinen Geldgebern abgestimmte Liste mit Reformen vorlegen, was sich aber seit Wochen immer wieder verzögert.

Die Euro-Finanzminister wollen bei dem Treffen Fortschritte in den Verhandlungen um das griechische Reformpaket bewerten. Das Paket ist Voraussetzung für die Auszahlung von 7,2 Milliarden Euro Hilfsgeldern an das akut pleitebedrohte Land.

Mit Material von dpa und Reuters

(qua)
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