"Keine Hilfe im Schuldenstreit" Juncker stellt Varoufakis bloß

Brüssel · EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht dem griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis öffentlich die Eignung als Verhandlungspartner ab. Im Schuldenstreit sei dieser keine Hilfe. Derweil sehen einige Geldgeber Grund zur Hoffnung.

Yanis Varoufakis – Medienexperte und Ex-Finanzminister
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Das ist Giannis Varoufakis

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Foto: dpa, el ase

Die befürchtete Pleite Griechenlands Anfang Juni ist nach Ansicht der Geldgeber weniger wahrscheinlich geworden. Es sei ermutigend, dass die Regierung in Athen angekündigt habe, die nächste fällige Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) am 5. Juni zu begleichen, sagte ein deutscher Regierungsvertreter am Dienstag in Berlin. Deswegen spreche einiges dafür, dass es weder vor noch nach jenem Datum zu einer Zahlungsunfähigkeit des Euro-Landes komme.

Einem hochrangigen Vertreter der Euro-Zone zufolge könnte die griechische Regierung ihre Kredite an den IWF auch erst Ende Juni zurückzahlen, wenn sich eine Einigung im Schuldenstreit abzeichnen sollte. Damit sei diese Woche aber nicht zu rechnen.

Ungewöhnlich offen kritisierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Rolle des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis. "Er hilft dem Prozess nicht", sagte Juncker der Nachrichtenagentur MNSI. "Varoufakis ist der Finanzminister eines Landes, das großen Problemen gegenübersteht. Er macht nicht den Eindruck, als ob er das wüsste."

Mehr Vertrauen setzt Juncker in Regierungschef Alexis Tsipras, dessen Rolle er als konstruktiv bezeichnete. "Ich finde ihn sehr sympathisch, sehr konstruktiv - und ich habe eine sehr freundschaftliche Beziehung zu ihm." Tsipras' linke Syriza bezeichnete der Kommissionspräsident als "keine normale Partei". Dieser traue er nicht, da es innerhalb von Syriza einen ganzen Mix an unterschiedlichen Tendenzen gebe.

Varoufakis sorgte derweil in Athen mit Äußerungen zu möglichen Gebühren auf Abhebungen an Geldautomaten für Verwirrung. Mit der Gebühr sollten die Nutzung von Kreditkarten gefördert und so mehr Kontrolle bei der Eintreibung von Steuern erreicht werden. Sein Ministerium stellte wenig später klar, dass ein solcher Vorschlag in den Gesprächen mit den Geldgebern nicht mehr verfolgt werde.

Varoufakis zufolge kann die Regierung die geplanten Reformen nur bei einem Verzicht auf harte Sparmaßnahmen durchziehen. Bestimmte Vorhaben könnten nicht erreicht werden, wenn die geforderten "unerträglich hohen" Ziele für einen Primärüberschuss - der Staatshaushalt ohne Zinskosten - bestehen blieben, schrieb Varoufakis in einem Gastbeitrag für die italienische Tageszeitung "Il Sole 24 Ore". "Unsere Regierung kann und wird nicht ein Heilverfahren über fünf Jahre akzeptieren, das sich als schlimmer als die Krankheit erwiesen hat." Dem Vertreter der Euro-Zone zufolge würden die Geldgeber auch einen Primärüberschuss von 1,0 bis 1,5 Prozent akzeptieren, wenn die Regierung in Athen zu mehr Anstrengungen bereit sei, um dieses Ziel zu erreichen.

An den Finanzmärkten wird die Gefahr einer Staatspleite Griechenlands unterschiedlich bewertet. So schätzt der Chefvolkswirt der Allianz, Mohamed El-Erian, die Wahrscheinlichkeit eines unfallartigen Ausscheidens des Landes aus der Euro-Zone ("Graccident") mit 55 bis 60 Prozent ein. Dagegen sind einer Sentix-Umfrage zufolge nur noch 41 Prozent von 1000 befragten Investoren der Meinung, dass das Land die Euro-Zone verlassen muss.

Im April war noch knapp die Hälfte der vornehmlich in Deutschland ansässigen Befragten dieser Meinung. Griechenland verhandelt mit seinen Geldgebern seit Februar über dringend benötigte Kredite und soll sich als Gegenleistung auf Reformen verpflichten. Konkret geht es um die Auszahlung von 7,2 Milliarden Euro aus dem bis Ende Juni laufenden Hilfspakets.

(REU)
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