Europäische Verteilung der Flüchtlinge Österreich droht mit Kürzung der EU-Beiträge

Wien · Wenn sich EU-Mitgliedsstaaten gegen eine gerechte Flüchtlingsverteilung sperren, könnte Österreich seine Beiträge kürzen, kündigte Bundeskanzler Werner Faymann an.

Flüchtlinge an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland
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Flüchtlinge an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland

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Foto: dpa, awe htf

"Wer unter dem Strich mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhält als einzahlt, sollte sich bei einer fairen Verteilung der Flüchtlinge nicht einfach wegducken", sagte Faymann vor dem EU-Gipfel der Zeitung "Die Welt". "Wer sich dennoch verweigert, stellt die gesamte Finanzierung des EU-Haushalts in Frage und macht es Nettozahlern wie Österreich künftig sehr schwer, weiterhin so viel Geld einzuzahlen."

Solidarität sei keine Einbahnstraße, betonte Faymann mit Blick auf mittel- und osteuropäische Staaten, die sich der Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien bisher verweigern. Es seien im kommenden Jahr Änderungen im EU-Haushalt zulasten bestimmter Länder denkbar, sagte Faymann. "Der mehrjährige Finanzrahmen von 2014 bis 2020 wird im kommenden Jahr überprüft. Da werden wir uns ganz genau ansehen, welche Länder sich in der Flüchtlingsfrage besonders unsolidarisch verhalten", warnte der österreichische Bundeskanzler.

Zugleich forderte Faymann eine engere Zusammenarbeit mit der Türkei und befürwortete Finanzhilfen für die Regierung in Ankara: "Unser Ziel ist ja, dass die Flüchtlinge möglichst in der Nähe ihrer Heimat bleiben und dass sie unter menschenwürdigen Bedingungen leben können."

Auch der CDU-Europapolitiker Gunther Krichbaum fordert mehr Druck auf jene Länder in der EU, die sich der Verteilung von Flüchtlingen widersetzen. Wenn nun einige Mitgliedsländer in der Flüchtlingspolitik ihre Kooperation verweigerten, müsse der Zusammenhalt notfalls auch durch finanzielle Maßnahmen hergestellt werden, sagte der Chef des Bundestags-Europaausschusses am Donnerstag im SWR. "Dann wird eben die eine oder andere Straße in Tschechien oder der Slowakei nicht gebaut, weil wir das Geld für die Flüchtlinge brauchen", fügte er hinzu.

Den Stand beim Aufbau der geplanten Verteilungszentren und bei der vereinbarten Verteilung von 160.000 Flüchtlingen bezeichnete Krichbaum als "höchst unbefriedigend". Den EU-Mitgliedern müsse klar sein, "dass wir eine Solidargemeinschaft sind". Genau dafür habe die EU vor drei Jahren den Friedensnobelpreis erhalten

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beraten am Donnerstag bei einem Gipfeltreffen in Brüssel über die Flüchtlingskrise. Insbesondere geht es um die umstrittenen Pläne der EU-Kommission für einen gemeinsamen Grenz- und Küstenschutz. Er soll nach dem Willen der EU-Kommission auch ohne Zustimmung von Mitgliedstaaten eingreifen können, um die EU-Außengrenzen zu sichern.

Vor dem Gipfel trifft sich die Gruppe der von der Flüchtlingskrise am stärksten betroffenen Staaten zudem zu Gesprächen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu.

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(emy/AFP)
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