Nach Anschlägen in Paris "Nicht den Fehler machen, Terroristen mit Flüchtlingen gleichzusetzen"

Berlin · Deutsche Politiker sehen keine Verbindung zwischen Terrorismus und den Flüchtlingen. Sie warnen vor einer Kehrtwende der Flüchtlingsdebatte nach den Anschlägen in Paris und kritisieren die Haltung von Bayerns Finanzminister Söder, der nach den Anschlägen Grenzschließungen ins Gespräch gebracht hatte.

 Angela Merkel am Tag nach den Anschlägen in Paris.

Angela Merkel am Tag nach den Anschlägen in Paris.

Foto: dpa, nie gfh

Wenige Tage nach der Anschlagsserie von Paris mehren sich die Warnungen vor einer Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. Es gebe keine Verbindung zwischen dem Terrorismus und den Flüchtlingen, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Montag. Ähnlich äußerte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel. Das Bundesinnenministerium lehnte das Angebot Bayerns ab, als Reaktion auf die Anschläge von Paris bayerische Landespolizisten im Grenzschutz einzusetzen.

"Es gibt keine Verbindung, keine einzige nachweisbare Verbindung zwischen dem Terrorismus und den Flüchtlingen außer vielleicht einer: nämlich dass die Flüchtlinge vor den gleichen Leuten in Syrien flüchten, die verantwortlich sind für die Anschläge in Paris", sagte Maas im ARD-"Morgenmagazin".

"Ich fand den Satz 'Nach Paris ist alles anders' den falschesten Satz den man sagen konnte", sagte Gabriel mit Blick auf eine entsprechende Äußerung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU). Dieser hatte am Wochenende erklärt: "Paris ändert alles" und brachte Grenzschließungen ins Gespräch. Auch der bayerische Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) war auf Distanz zu Söders Äußerungen gegangen. Gabriel forderte für das kommende Jahr einen "Neustart" in der Flüchtlingspolitik, zu dem auch "große Kontingente" zur Aufnahme gehören sollten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Rande des G-20-Gipfels in Antalya, es gehe jetzt darum, "welche Zahl von Flüchtlingen kann man aufnehmen und dann europaweit verteilen". Zentral sei die Sicherung der EU-Außengrenzen. Sie kündigte eine internationale Flüchtlingskonferenz für Februar in London an.

"Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, Flüchtlinge mit Terroristen gleichzusetzen", sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der "Passauer Neuen Presse" am Montag. Terror und Flüchtlingsdebatte dürften nicht vermischt werden, sagte der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach dem Sender NDR Info. Kontrollen seien aber schon an der Grenze nötig. Es müsse klar sein, wer ins Land einreise.

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, warnte davor, die Taten für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik zu instrumentalisieren. Die Flüchtlinge seien gerade Menschen, die genau vor diesem Schrecken geflohen seien, sagte Bedford-Strohm am Montag dem Sender NDR Info. "Paris ändert nicht alles", hob er hervor.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, die Bundespolizei sei mit ihren Kräften in der Lage, ihre Aufgabe zu bewältigen. Das Angebot zum Einsatz der Landespolizei an der Grenze habe das Ministerium "dankend zur Kenntnis genommen".

Seehofer hatte als Reaktion auf die Anschläge von Paris mit 129 Toten und hunderten Verletzten angeboten, bayerische Landespolizisten im Grenzschutz einzusetzen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ergänzte, es gebe eine ganze Reihe von Grenzübergängen zu Österreich, die derzeit von der Bundespolizei nicht kontrolliert würden. Bei der bestehenden "Terrorgefahr" könne dies aber nicht so bleiben.

Auf Wunsch Frankreichs seien die Grenzkontrollen im deutsch-französischen Grenzgebiet verstärkt worden, ebenso wie die Überwachung des Grenzverkehrs zwischen beiden Ländern, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das betreffe auch deutsch-französische Flüge.

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(jf, AFP)
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