Zitter-Countdown in Griechenland Schuldenschnitt droht heute zu scheitern

Athen · Wenigstens 90 Prozent aller Griechenland-Gläubiger sollen bis heute um 21 Uhr dem Umschuldungsplan freiwillig zustimmen. Doch dieser Anteil ist noch lange nicht erreicht. Scheitert der Plan, droht eine Zwangsumschuldung, an der Hedgefonds verdienen könnten.

Die nächsten Schritte für Griechenland
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Foto: dapd, Axel Schmidt

Donnerstagabend Abend läuft die Frist ab, innerhalb der Griechenlands private Gläubiger mitteilen müssen, ob sie freiwillig bei dem geplanten Schuldenschnitt mitmachen wollen. Doch der Plan wackelt. Bis Mittwochabend hatte nur gut die Hälfte aller Gläubiger ihre Bereitschaft zum Umtausch ihrer Staatsanleihen signalisiert. Zustimmen sollten aber 90 Prozent.

Die Beteiligten verbreiten zwar demonstrativ Zuversicht. Doch hinter den Kulissen herrschen offenbar Zweifel. Über den Internationalen Bankenverband IIF haben knapp drei Dutzend Finanzkonzerne erklärt, dass sie den Plan billigen wollen. Aber die Banken und Versicherer halten zusammen "nur" Anleihen im Wert von knapp 90 Milliarden Euro. Das ist nicht einmal die Hälfte der gesamten Forderungen an Athen.

Die freiwillige Umschuldung könnte also scheitern. Morgen, wenn das endgültige Ergebnis aus der Befragung der Gläubiger vorliegt, wollen die Regierung in Athen und die Euro-Gruppe unter Führung des Luxemburgers Jean-Claude Jucker entscheiden, wie es weitergehen soll. Zwar wird weiterhin darüber spekuliert, ob es nicht eine Fristverlängerung für die Gläubiger geben könnte. Doch die will Griechenland eigentlich nicht gewähren. Daran hat Finanzminister Evangelos Venizelos, der ungeachtet einer Kabinettsumbildung in Athen auf seinem Posten bleibt, keinen Zweifel gelassen. Somit ist ein Zwangsschuldenschnitt denkbar, der eine Kette von Ereignissen auslösen würde.

Den Zwangsschuldenschnitt hat Griechenland vor einigen Wochen in ein Gesetz gegossen für den Fall, dass nicht genug Gläubiger freiwillig bei der Umschuldung mitmachen. Voraussetzung dafür, dass dieses Gesetz greifen kann, ist eine Abstimmung der privaten Gläubiger darüber.

Die Hälfte von denen muss abstimmen, und zwei Drittel, derer, die abstimmen, müssen für die Zwangsumschuldung votieren. Wenn nicht einmal das klappen würde, wäre die Prognose düster: Ulrich Schröder, Vorstandschef der bundeseigenen Förderbank KfW, hat gestern vor einer ungeordneten Pleite Athens gewarnt. Und die würde nach Angaben des Internationalen Bankenverbandes IIF etwa eine Billion Euro kosten.

Wenn andererseits die Zwangsumschuldung gelänge, würden die Rating-Agenturen das wohl als Kreditausfall werten. In diesem Fall werden Kreditausfallversicherungen fällig, sogenannte CDS, mit denen sich große Gläubiger gegen eine Pleite Griechenlands abgesichert haben. An diesen Kreditausfallversicherungen verdienen tendenziell vor allem Hedgefonds. Denn die haben in vielen Fällen anders als die meisten Banken erst spät in Griechenland-Anleihen investiert — also zu einem relativ niedrigen Kurs, der meist vermutlich deutlich weniger als die Hälfte des Nennwerts ausmachte.

Zusätzlich haben sie dann die CDS gekauft, die ihnen für den Fall des Zahlungsausfalls die Rückzahlung des Nennwertes sichern. Dass die Staatsanleihe bei einer Pleite noch weniger wert wäre als das, was die Hedgefonds beim Kauf bezahlt haben, wird im Zweifel aufgewogen durch die Versicherung. Unter dem Strich würde so mancher also bei einer Pleite Geld verdienen. Es sei denn, die Verkäufer der Kreditausfallversicherungen gerieten wegen ihrer Zahlungsverpflichtungen selbst in Not. Einstweilen, so glaubt die Fachwelt, sind die betreffenden Fonds aber auf der sicheren Seite, wenn der erhoffte Wirkungsmechanismus eintritt.

Das wiederum gilt aber nur für jene Investoren, die ihre Anleihen nach griechischem Recht gekauft haben. Etwa 29 Milliarden Euro an Anleihen sind nach internationalem Recht begeben und wären von einer Zwangsumschuldung gar nicht betroffen. Die Inhaber könnten sich ihre Zustimmung vielleicht gegen horrende Preise abkaufen lassen. Oder es droht ein Gerichtsprozess darüber, ob man sie zum Mitmachen zwingen kann. Solche zeitraubenden Verfahren kann Europa aber kaum gebrauchen.

(RP/csi)
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