Europawahl 2009 Siegeszug der Konservativen

Brüssel/Berlin (RPO). In Deutschland haben die Unionsparteien einen eindeutigen Wahlsieg verbucht. Auch in Europa haben die Konservativen die Nase vorn: Ihr Zusammenschluss in der Europäischen Volkspartei (EVP) erhält nach einer EU-weiten Hochrechnung bis zu 273 der insgesamt 736 Sitze und wird damit die mit Abstand stärkste Fraktion. Die SPD musste ebenso wie die Europäischen Sozialdemokraten Verluste hinnehmen.

Gewinner und Verlierer der Europawahl 2009
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Gewinner und Verlierer der Europawahl

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Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) kann nach der Hochrechnung des vom EU-Parlament beauftragten Meinungsforschungsinstituts TNS mit 155 bis 165 Sitzen rechnen. Drittstärkste Kraft wurden die Liberalen mit 78 bis 84 Sitzen. Danach folgen die Grünen mit 52 bis 56 Mandaten. Die europäische Linke kann mit 33 bis 37 Sitzen rechnen.

Ein EU-Mitglied nach dem anderen meldete am Wahlabend einen Sieg der Konservativen. In Deutschland, Frankreich, Spanien, Österreich und Polen waren die Mitte-rechts-Parteien ebenso vorn wie in Ungarn, Slowenien, Bulgarien oder Zypern.

Wie der Bundeswahlleiter am frühen Montagmorgen in Berlin als vorläufiges amtliches Endergebnis mitteilte, kamen CDU und CSU zusammen auf 37,9 Prozent der Stimmen. Für die CDU stimmten 30,6 Prozent der Wähler (2004: 36,5). Die CSU, die nur in Bayern antrat, erreichte bundesweit 7,2 Prozent (2004: 8,0). Wahlverlierer war die SPD. Die Sozialdemokraten erhielten nur noch 20,8 Prozent (2004: 21,5) und fuhren damit ihr schlechtestes Wahlergebnis ein.

Großer Gewinner der Wahl war rechnerisch die FDP, die mit 11,0 Prozent erstmals ein zweistelliges Ergebnis bei einer Europawahl (2004: 6,1) verbuchen konnte. Die Grünen kamen dem Endergebnis zufolge auf 12,1 Prozent und konnten damit ihr Ergebnis der Wahl vor fünf Jahren (2004: 11,9) leicht verbessern. Zulegen konnte auch die Linke auf 7,5 Prozent (2004: 6,1).

Im neuen Europaparlament ist Deutschland mit 99 Abgeordneten vertreten. Die Union entsendet 42 Parlamentarier (-7), die SPD 23 (+/-0). Die Grünen haben 14 Sitze (+1), die FDP 12 (+5) und die Linke 8 (+1) Abgeordnete.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 43,3 Prozent und war damit etwas höher als 2004 mit 43,0 Prozent. Dies war der tiefste Wert gewesen, der jemals bei einer bundesweiten Wahl ermittelt wurde. Zur Wahl aufgerufen waren in Deutschland 62,2 Millionen Menschen.

Rückenwind für Bundestagswahl

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und FDP-Chef Guido Westerwelle sprachen von einer klaren bürgerlichen Mehrheit und damit Rückenwind für die Bundestagswahl am 27. September. Vorsichtiger äußerte sich CSU-Chef Horst Seehofer, der sich aber über das gute Abschneiden seiner Partei in Bayern freute: Mit bundesweit um die sieben Prozent schaffte die CSU somit mühelos die Rückkehr ins Europaparlament. Dagegen äußerten sich der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier enttäuscht über das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten.

Das Desaster der SPD war die größte Überraschung des Wahlabends. Sie konnte ihre mageren 21,5 Prozent von 2004 nicht nur entgegen aller Prognosen keinen Deut verbessern, sondern büßte sogar noch mehr als einen halben Prozentpunkt ein. Müntefering rief die Sozialdemokraten gleichwohl zum Kampf für die Bundestagswahl auf. Steinmeier sagte: "Das ist ein enttäuschendes Wahlergebnis, da gibt es nichts drumherum zu reden." Bei Europawahlen sei die SPD traditionell schwach, ihr Eintreten für die Rettung von Opel sei dennoch richtig gewesen.

Die Grünen zeigten sich erfreut, dass sie mit 12,1 Prozent erneut drittstärkste Partei wurden. Parteichefin Claudia Roth sprach von einem "sehr, sehr guten Ergebnis". Die Linke verbesserte sich um mehr als einen einen Punkt auf 7,6 Prozent. Fraktionschef Gregor Gysi zeigte sich optimistisch für die Bundestagswahl.

Auch in Österreich kamen die Sozialdemokraten unter die Räder: Sie erhielten nur noch 23,8 Prozent der Stimmen. Die zusammen mit der SPÖ regierende Österreichische Volkspartei (ÖVP) wurde mit 29,7 Prozent stärkste Partei. Auf den dritten Platz kam die Liste des EU-Skeptikers Hans Peter Martin mit 17,8 Prozent vor der rechtsgerichteten FPÖ.

Cohn-Bendit in Frankreich auf Platz drei

In Frankreich kam die konservative Regierungspartei UMP nach Ergebnissen erster Wählernachfragen auf einen Anteil von 28,3 Prozent. Für die Sozialistische Partei stimmten nur 16,8 bis 17,5 Prozent. Die Liste des Grünenpolitikers Daniel Cohn-Bendit wurde mit 14,8 bis 15,1 Prozent drittstärkste Partei.

Die regierende Bürgerplattform in Polen kam nach dem Ergebnis einer Wählernachfrage auf 45,3 Prozent der Stimmen, gefolgt von der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit mit 29,5 Prozent. Die Demokratische Linksallianz erhielt 12 Prozent.

In Slowenien erhielt die rechtskonservative Slowenische Demokratische Partei (SDS) 26 bis 32 Prozent. Die Sozialdemokraten (SD) erhielten dagegen sieben Monate nach übernahme der Regierung einen Denkzettel. In Bulgarien gewann die konservative Oppositionspartei GERB nach dem Ergebnis von Wählernachfragen mit einem Anteil von 25,5 Prozent. Die regierenden Sozialisten erreichten nur 19,7 Prozent. In Zypern wurde die konservative Demokratische Versammlung (DISY) im griechischen Teil der Insel, der allein der EU angehört, stärkste Kraft vor der linksgerichteten Fortschrittspartei des Werktätigen Volkes (AKEL).

Gegen den Trend wurde die sozialistische PASOK in Griechenland offenbar stärkste Partei. Nach ersten Wählernachfragen kam sie auf 36 bis 39,5 Prozent, während die konservative Regierungspartei zwischen 30 und 33 Prozent erhielt. Auch im kleinen Mittelmeerstaat Malta gewann die linksgerichtete Arbeiterpartei.

Weniger als die Hälfte gingen zur Wahl

In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren 736 Abgeordnete zu wählen. Den Auftakt machten schon am Donnerstag die Niederlande und Großbritannien, am Freitag und Samstag folgten sechs weitere Länder. Am Sonntag wurde noch in 19 Ländern gewählt, so auch in Deutschland.

Wahlberechtigt waren insgesamt 375 Millionen EU-Bürger, doch machten nur 43,0 Prozent davon Gebrauch - das ist ein historisches Negativergebnis. Die Bundesbürger lagen mit einer Wahlbeteiligung von etwa 43 Prozent genau im EU-Durchschnitt, in Frankreich machten nur 38 bis 40 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch, in Österreich 42,4 Prozent. Die für eine bessere Vermittlung der EU-Politik zuständige Kommissarin Margot Wallström forderte in einer ersten Reaktion, der Wahlkampf müsse lebendiger geführt werden. "Die Parteien sollten vor Kontroversen nicht zurückschrecken."

(AP)
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