G7-Energieministertreffen in Rom Gabriels Notfallplan für Europas Energie

Berlin · Der Bundeswirtschaftsminister will den Westen unabhängiger von russischem Gas machen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Beim G 7-Treffen in Rom scheut Sigmar Gabriel dafür auch die ganz großen Vergleiche nicht.

Treffen der Energieminister der G7
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"Mein Freund Matteo!" Sigmar Gabriel ist aufrichtig begeistert, als er hört, dass er in Rom neben sechs Ministerkollegen auch den neuen italienischen Regierungschef Matteo Renzi begrüßen darf. Der charismatische Sozialdemokrat wertet das Treffen der Energieminister der sieben führenden Wirtschaftsnationen (G 7) mit einem kurzen Besuch auf. Im römischen Hotel "Majestic" nimmt Gabriel den 38-Jährigen kurz zur Seite, ihre Thema ist ernst.

Gabriel sieht Gefahr in Ukraine-Krise

Vor den Energieministern türmt sich ein beinahe majestätisch großes Problem auf: Was käme auf Europa, was auf Deutschland und Itlaien zu, würde der russische Präsident Wladimir Putin den Europäern als Reaktion auf Wirtschaftssanktionen der EU tatsächlich bald die Gas- und Ölhähne zudrehen? Die Spannungen mit Russland in der Ukraine-Krise wachsen quasi stündlich. Die Italiener haben die G7-Energieminister deshalb kurzfristig nach Rom gebeten, um über gemeinsame Schritte zu beraten, sollte der Energie-Konflikt mit Russland eskalieren. 35 Prozent seines Öls, 30 Prozent des Gases bezieht Europa aus Russland; in den osteuropäischen EU-Staaten ist die Abhängigkeit von noch viel höher. Eine von drei großen Leitungen nach Europa geht durch die Ukraine. Echte Notlagen drohen im Winter, wenn Putin die Ukraine komplett von Energielieferungen abkoppeln würde.

Gabriel zieht die Stirn in Falten angesichts dieser Bedrohung. "Wir suchen nach Wegen, wie man verhindern kann, dass Energie langfristig als Waffe benutzt wird für Auseinandersetzungen zwischen Staaten", sagt der Bundeswirtschaftsminister. Vor allem Osteuropäer seien in großer Sorge; die Weltgemeinschaft dürfe die Ukraine nicht im Stich lassen. Deutschland selbst sei glücklicherweise weniger betroffen.

Energie-Konflikt mit Russland fordert Notfallplan

In größter Eile haben die Energieminister der G 7-Staaten – die Russland im März aus dem Kreis der damals noch G8 genannten Staatengruppe ausgestoßen hatten – ein 13-Punkte-Papier mit Notmaßnahmen zusammengestellt. Man werde innerhalb von sechs Monaten einen "Notfallplan" für die Energieversorgung erarbeiten, steht darin. Ein "Notfallsystem" solle in Kraft gesetzt werden können, falls Putin den befürchteten Gas-Konflikt anzetteln sollte. Der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs soll die Pläne am 4. und 5. Juni endgültig beschließen.

Die Minister empfehlen einen Maßnahmen-Mix, um unabhängiger von russischen Energielieferungen zu werden: Jedes Land solle nach neuen Herkunftsländern für Gas und Öl suchen, neue Energiequellen erschließen, für mehr Energieeffizienz und bessere Stromspeicher sorgen. Die G 7 hoffen vor allem auf die neue südliche Pipeline TAB, die Gas aus Aserbaidschan nach Europa bringen soll, außerhalb des russischen Territoriums. Sie wird aber erst 2019 fertiggestellt.

Jedes Land stellt eigene Rezepte vor

Auf der Konferenz setzt allerdings auch jeder Minister auf ein eigenes Rezept: Briten und Japaner werben für mehr Atomkraft, Amerikaner für mehr Fracking und Flüssiggas, die Deutschen für erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz etwa durch die energetische Gebäudesanierung. US-Energieminister Ernest Moniz bietet an, riesige Mengen des teuren Flüssiggases LNG nach Europa zu liefern, allerdings könnten die USA erst gegen Ende des Jahrzehnts damit beginnen.

Dann schlägt Gabriels Stunde: Die G7 sollten "eine Art Energie-KSZE" ins Leben rufen, die helfen solle, einen Energie-Krieg der Länder zu verhindern, schlägt der Vizekanzler vor. Nur eine politische Lösung könne aus der Krise helfen, denn kurzfristig könnten die Länder ihre Abhängigkeit von Russland nicht verringern. Nach dem Vorbild der Schlussakte von Helsinki 1975 müsse in der Ukraine-Krise nach Prinzipien einer friedlichen Lösung des Energie-Konflikts gesucht werden.

"Energieeffizienz ist der schlafende Riese der Energiepolitik"

Langfristig müssten die Staaten viel mehr in erneuerbare Energien und Energieeffizienz investieren, auch Deutschland, fordert Gabriel. Bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will der SPD-Chef dafür nach der Steuerschätzung in dieser Woche mehr Geld lockermachen. "Energieeffizienz ist der schlafende Riese der Energiepolitik", sagt Gabriel. Da ist sie wieder, die in Verruf geratene, aber gar nicht so ungeschickte Energiewende. Vor dem Hintergrund eines drohenden Energie-Kriegs mit Russland gewinnt sie ganz neue Bedeutung.

(mar)
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