Geheimdienst Belgien will "europäische CIA"

Paris · Der belgische Ministerpräsident Charles Michel hat die Gründung eines europäischen Geheimdienstes nach dem Vorbild der CIA in den USA gefordert. Wichtigstes Ziel dieser Behörde wäre der Austausch von Informationen über Terror-Verdächtige, hieß es.

 Am Rande des UN-Klimagipfels in Paris unternahmen der belgische Staatschef Michel und sein französischer Amtskollege Hollande bereits erste Schritte in Richtung eines Informationsaustauschs über Terrorverdächtige.

Am Rande des UN-Klimagipfels in Paris unternahmen der belgische Staatschef Michel und sein französischer Amtskollege Hollande bereits erste Schritte in Richtung eines Informationsaustauschs über Terrorverdächtige.

Foto: afp, PDJ/RA

"Wir müssen schnell einen europäischen Geheimdienst schaffen, eine europäische CIA", sagte Michel am Montag dem Rundfunksender RTL. Angesichts der Gefahr, die von Dschihadisten ausgehe, müssten die Informationen über Verdächtige ausgetauscht und diejenigen "mit feindseligen Absichten enttarnt werden", fügte Michel hinzu.

Der Aufruf Michels erfolgte vor dem Hintergrund der Pariser Anschläge mit 130 Toten vom 13. November, die zum Teil auf das Konto von Extremisten mit Wohnsitz in Belgien gingen. Michel sagte, eines der Kernprobleme der Sicherheitskräfte bestehe darin, dass die vorliegenden Informationen nur zwischen einzelnen Ländern ausgetauscht würden, nicht aber europaweit.

"Wenn Geheimdienste in der Lage wären, Informationen lückenlos auszutauschen, würde es möglicherweise nie wieder einen Anschlag geben", sagte Michel. Er räumte ein, dafür bei den europäischen Regierungen keinen Rückhalt bekommen zu haben. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve habe sehr "zögernd" reagiert.

De Maizière reagiert ablehnend

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte vor elf Tagen gesagt: "Wir sollten jetzt nicht unsere Kräfte darauf konzentrieren, einen neuen europäischen Nachrichtendienst zu schaffen." De Maizière fügte hinzu, er könne sich "nicht vorstellen, dass wir bereit sind, dort unsere nationale Souveränität aufzugeben".

Der EU-Antiterrorbeauftragten Gilles de Kerchove setzt sich derweil dafür ein, dass das Europäische Parlament bis zum Jahresende ein Abkommen über den Austausch von Fluggastdaten beschließt. Der Austausch dieser Daten sei ein "zentrales Werkzeug" zur Erhöhung der Sicherheit, sagte de Kerchove am Montag in Barcelona. Wenn das EU-Parlament eine EU-Gesetzgebung dazu verhindere, dann würden die Migliedstaaten "das eben auf nationaler Ebene regeln", sagte de Kerchove dem "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe) - "und teils sogar schärfer als von der EU geplant".

De Kerchove vertrat die Ansicht, der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden habe mit seinen Enthüllungen über den weltumspannenden Spähapparat den Anti-Terror-Kampf erschwert. Wegen der Snowden-Veröffentlichungen entwickelten die US-Internetkonzerne inzwischen Verschlüsselungscodes, die nicht mehr geknackt werden könnten, sagte der EU-Antiterrorbeauftragte. Nachrichtendienste hätten seither immer größere Schwierigkeiten, verschlüsselte Botschaften in Whatsapp oder bei Skype zu verstehen.

Initiative von Frankreich und Belgien

Unterdessen unternahmen Frankreichs Regierungschef Manuel Valls und sein belgischer Amtskollege Charles Michel am Rande der UN-Klimakonferenz bei Paris bereits erste Schritte in Richtung eines europäischen Geheimdienstes. Sie hätten beschlossen, eine entsprechende "Initiative" im Rahmen der "Neuner-Gruppe" zu starten, hieß es am Montagabend in französischen Regierungskreisen. Konkret solle es darum gehen, die jeweiligen Dateien der Länder mit islamistischen Gefährdern zu "harmonisieren" und zu "systematisieren".

Zu der Neuner-Gruppe gehören neben Frankreich, Belgien und Deutschland auch Italien, Großbritannien, die Niederlande, Spanien, Irland und Schweden.

(lsa/AFP)
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