Giannis Varoufakis "Griechenland käme auch ohne neuen Kredit aus"

Düsseldorf · Griechenland könnte nach Ansicht von Finanzminister Giannis Varoufakis "selbstverständlich" auch ohne weitere Hilfszahlungen auskommen. In einem Interview regt er erneut an, die Schulden des Landes umfassend umzustrukturieren.

Giannis Varoufakis bei einer Maikundgebung in Athen.

Giannis Varoufakis bei einer Maikundgebung in Athen.

Foto: ap

"Selbstverständlich" sei sein Land auch ohne neuen Milliardenkredit überlebensfähig, sagte Varoufakis am Wochenende in einem Zeitungsinterview. Medienberichten zufolge gab es in den Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen internationalen Geldgebern Fortschritte. Athen ist demnach zu einer Reform der Mehrwertsteuer bereit, Geld könnte aber trotzdem erst im Juni fließen.

Das von der Pleite bedrohte Griechenland und seine Gläubiger verhandeln seit Wochen über eine Auszahlung der letzten Tranche aus dem laufenden zweiten Hilfsprogramm über 7,2 Milliarden Euro. Die Geldgeber verlangen von der griechischen Regierung belastbare Vorschläge für Reformen und Einsparungen. Am Donnerstag hatten in Brüssel neue Beratungen darüber begonnen, die bis Sonntag abgeschlossen werden sollten.

Wie die "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" (FAS) unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, wurde unter anderem über eine Mehrwertsteuerreform gesprochen. Demnach sollen die verschiedenen Steuersätze vereinheitlicht und Ausnahmen begrenzt werden. Die linke Regierung in Athen hatte sich lange gegen eine Reform der Mehrwertsteuer gewehrt, weil sie auch sozial schwache Griechen treffen würde.

Unterhändler hätten zudem von weiteren Annäherungen berichtet, hieß es in der FAS. So solle der Markt für Erdgas geöffnet und ein unabhängiger Rechnungshof geschaffen werden. Die Gespräche seien insgesamt als konstruktiv und ermutigend beschrieben worden. Es sei aber noch zu früh um abzuschätzen, ob bis zur nächsten regulären Sitzung der Euro-Finanzminister am 11. Mai eine Übereinkunft erzielt werden könne.

Doch selbst bei einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche ist eine Auszahlung von Hilfsgeldern noch im Mai unwahrscheinlich, wie die "Welt am Sonntag" und das "Handelsblatt" (Montagausgabe) berichteten. Auch nach einer Einigung werde es noch Wochen dauern, bis die nächste Hilfstranche freigegeben werden könne, schrieb das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin. Dass bis Mitte Mai Geld ausgezahlt wird, sei "völlig abwegig".

Die griechische Regierung hatte gehofft, bei einer am 12. Mai anstehenden Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) über rund 750 Millionen Euro auf Hilfsgelder zurückgreifen zu können. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Verhandlungskreise in Brüssel berichtete, könnte frühestens im Juni Geld fließen. Erst müssten die vereinbarten Reformen in Gesetzesform gebracht, vom Parlament in Athen verabschiedet und dann auch tatsächlich umgesetzt werden.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

Doch auch wenn die 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollten, gehen viele Experten davon aus, dass Griechenland noch ein drittes Hilfsprogramm benötigen wird. Die Athener Regierung will dagegen möglichst ohne weitere Unterstützung auskommen. Eine der Voraussetzungen dafür sei allerdings "eine bedeutende Umstrukturierung der Schulden", sagte Varoufakis der Zeitung "Efimerida ton syndakton" vom Samstag.

Varoufakis warnte in dem Interview zudem vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone. Diese müsse sich ändern, "sonst stirbt sie", sagte der Finanzminister. "Kein Land, nicht nur Griechenland, hätte jemals einer solch wackligen Währungsunion beitreten sollen." Dies bedeute aber nicht, dass Athen aus der Eurozone ausscheiden solle, denn das würde "unvorhersehbare negative" Folgen haben.

(AFP)
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