Berlin Urteil: Breites Datensammeln illegal

Berlin · Der EuGH hat anlasslose Vorratsdatenspeicherungen gekippt, Berlin prüft nun.

EuGH-Urteil: Breites Datensammeln ist illegal
Foto: dapd, Thomas Kienzle

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine weitreichende Vorratsdatenspeicherung für illegal erklärt. Persönliche Daten von Telefon- und Internetnutzern dürfen demnach nicht allgemein und unterschiedslos gespeichert werden, entschieden die Richter gestern und schoben damit Gesetzen in Schweden und Großbritannien einen Riegel vor.

Das Bundesjustizministerium erklärte, das Urteil werde sorgfältig ausgewertet. Man gehe aber davon aus, dass die deutschen Gesetze verfassungs- und europarechtskonform seien. Diese sehen vor, dass Telekommunikationsanbieter spätestens von Juli 2017 an alle Nutzerdaten bis zu zehn Wochen lang aufbewahren müssen - unabhängig von Person und Anlass. Bei Anrufen sollen Zeitpunkt und Dauer der Gespräche gespeichert werden, im Internet sollen IP-Adressen sowie Details zu deren Vergabe vorgehalten werden. E-Mail-Verkehr ist ausgenommen. Im Kampf gegen Terror und schwere Verbrechen sollen Ermittler auf die Daten zugreifen können.

Der EuGH betonte, erlaubt sei nur eine gezielte Vorratsdatenspeicherung, die "auf das absolut Notwendige beschränkt ist". Sie müsse auf Personenkreise begrenzt werden, "deren Daten geeignet sind, einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit schweren Straftaten sichtbar zu machen". Der Kampf gegen schwere Kriminalität könne Grund für das Speichern sein, so der EuGH.

Datenschützer, Netzaktivisten, der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) sowie Vertreter aus der Digitalwirtschaft begrüßten das Urteil. Auch der Vorsitzende der Parlamentarischen Linken in der SPD, Matthias Miersch, äußerte sich positiv und sieht in dem Urteil einen Anlass, die in der Vergangenheit in seiner Partei kontrovers geführte Debatte wieder aufzunehmen. "Die SPD wird in diesem Rahmen an einem angemessenen Ausgleich zwischen Freiheit und Sicherheit arbeiten", sagte Miersch.

Arnold Plickert, Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und zugleich ihr NRW-Chef, interpretierte das Urteil hingegen als Möglichkeit, die hiesigen Gesetze zu verschärfen. So lasse das Urteil in seinen Augen auch längere Speicherfristen zu als nur zehn Wochen. Er hoffe, dass es erlaubt bleibe, Telefondaten breit zu sammeln, um nach einem Anschlag die Kontakte Verdächtiger aufzuklären.

(jd/rky)
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