La Línea Europas Einfallstor für Cannabis

La · 30 Prozent Arbeitslosigkeit, überforderte Behörden: In Südspanien kämpfen Polizei und Zoll gegen eine gut organisierte Drogenmafia.

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Línea de la Concepción (ap) Als sich das Schnellboot der Küste nähert, tauchen aus den dunklen Straßen des Fischerviertels 40 Männer mit Masken und Kapuzen auf. In Windeseile entladen sie Dutzende in Plastik gewickelte Pakete mit je 30 Kilogramm marokkanischem Haschisch. Als ein Warnruf "Stopp!" ertönt, verschwinden die Schmuggler so schnell sie gekommen waren wieder in den engen Straßen von La Atunara im südspanischen La Línea. Das Boot rast mit halber Fracht wieder aufs nächtliche Meer, und als Sekunden später ein Streifenwagen anrückt, ist nur noch das Schlagen der Wellen zu hören.

Im Schatten des Felsens von Gibraltar kämpfen die Behörden gegen eine Drogenmafia, die das heruntergekommene Städtchen zum europäischen Einfallstor für marokkanisches Cannabis-Harz gemacht hat. "Im Moment verlieren wir diesen Kampf", warnt Francisco Mena, Leiter einer Vereinigung lokaler Aktionsgruppen namens Nexos. "Der Schmuggel kann mit den verfügbaren personellen und materiellen Ressourcen nicht gestoppt werden." Dennoch glaubt er, der Staat könne die Kontrolle zurückgewinnen.

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Die Drogenbarone von La Línea sehen das anders: "Schmuggel hat es schon immer gegeben, und es wird ihn auch immer geben - wenn nicht hier, dann irgendwo anders entlang der Küste", betont ein berüchtigter Schmuggler anonym. Ihre kriminellen Aktivitäten sehen sie in dieser vergessenen Ecke Spaniens als notwendiges Übel, mit dem sie Hunderte Familien direkt und Tausende weitere indirekt ernähren. "Viele von uns sind Väter, wir müssen Essen nach Hause bringen", sagt ein anderer.

Mit 30 Prozent herrscht in der Provinz Andalusien die höchste Arbeitslosenrate Spaniens. Vermutlich operieren im Bezirk Campo de Gibraltar mit seinen 268.000 Einwohnern drei Dutzend verschiedene Clans. An klaren Tagen sind die Umrisse der Küste Marokkos zu sehen - der weltweit größte Haschisch-Produzent liegt nur 30 Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Meerenge von Gibraltar.

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Die unterfinanzierten Strafverfolgungsbehörden haben es mit einer neuen Generation von Kriminellen zu tun, die skrupelloser sind und besser ausgerüstet. Früher kippten die Drogenhändler ihre paar hundert Kilogramm Fracht ins Meer, sobald sie ein Boot der Zollfahnder sahen - heute ist ihre Ladung größer und wertvoller, und sie wollen sie verteidigen. "Die vorige Generation hatte Respekt vor der Polizeiuniform, doch nun gibt es eine neue Generation, die Autoritäten absolut verachtet", sagt La Líneas Bürgermeister Juan Franco. "Meine Sorge ist, dass diese Jungs Waffen haben. Bisher setzen sie sie nicht gegen Polizisten ein, doch das ist der nächste Schritt."

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Um Streifenwagen und Wachboote auf falsche Fährten zu locken, lassen die Banden Geländewagen oder Schlauchboote ohne Fracht pendeln. Auch Zivilisten könnten zwischen die Fronten geraten: Im Februar stürmte eine Gruppe von Bandenmitgliedern die Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses, um einen festgenommenen Drogenschmuggler zu befreien.

Spanien beschlagnahmt von allen EU-Mitgliedern die größten Mengen an Kokain und Cannabis: 2017 waren es 373 Tonnen Drogen, davon nach Angaben des Innenministeriums 145 Tonnen Cannabis-Harz allein in der Region Campo de Gibraltar - 45 Prozent mehr als 2016. Doch dies entspricht Ermittlern zufolge nur vier bis fünf Prozent dessen, was vermutlich ins Land kommt.

Die Einnahmen fließen in die örtliche Wirtschaft, werden gewaschen in Schönheitssalons, Fitnessstudios, Bekleidungsläden und anderen Kleinunternehmen. Ende März mussten Polizisten Warnschüsse in die Luft abgeben, um in einem verarmten Viertel der Stadt eine Menschenmenge zu vertreiben: Sie hatten einen Schmuggler auf der Flucht vor der Polizei abgeschirmt. Doch es gibt auch Proteste gegen die Drogenmafia: Ende Februar versammelten sich mehr als 2000 Menschen und forderten: "Keine Drogen mehr, wir wollen Jobs!"

(RP)
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