Kolumne Gott Und Die Welt Fake News - der ewige 1. April

Dieser Tag macht Menschen zu Tölpeln. Und er krönt die Fallensteller zu Siegern. Dementsprechend ist die Resonanz: Manche lieben den 1. April mit seinen nämlichen Scherzen, während andere ihn hassen oder einfach nur läppisch finden.

Das ist schon seit dem 17. Jahrhundert so, als nach volkskundlicher Überlieferung erstmals in Bayern Menschen auf diese Weise "in den April geschickt" wurden. Keine Tradition aber ist der Garant für Unveränderlichkeit. Bleibt also zu bedenken, ob der Aprilscherz in unseren postfaktischen Zeiten nicht schon längst überholt worden ist vom Spiel mit sogenannten Fake News.

Auch diese Fälschungen sind absichtlich lanciert, allerdings gewürzt mit der Pointe, Falsches Wirklichkeit werden zu lassen. Der Betrug ist der gleiche, der Wille zur Aufklärung allerdings gering. Fake News sind ein Machtmittel, können politischer Sprengstoff sein und werden immer wieder dazu eingesetzt, andere zu denunzieren. Für Fake News kann also jeder Tag des Jahres eine Art 1. April sein.

Und genau das macht den Unterschied aus: Aprilscherze sind Eintagsfliegen; sie bleiben terminiert, sind in gewisser Weise erwartbar, somit ist ihre Wirkungskreise auch berechenbar. Ihr Schaden ist naturgemäß meist gering. Dass es mit dem 1. April als Tag der bösen Überraschungen irgendwann ein Ende haben könnte, ist kaum zu erwarten. Zu viel schleppt er an Brauchtum mit sich: Am 1. April des Jahres 1530 sollte es hierzulande einen besonderen "Münztag" geben, der aber nicht stattfand, wodurch etliche Spekulanten ihr Geld verloren. Außerdem soll der 1. April der Geburtstag von Judas Iskariot sein - und so weiter. Es gibt etliche schicksalhafte Ereignisse, die diesem Tag sein schauerliches Ansehen geben.

Natürlich ist das alles Quatsch, ein bisschen Gruselzinnober - nicht mehr und nicht weniger. Der 1. April ist das Kind einer effektvoll konstruierten, aber keiner rekonstruierten Geschichte. Das ist aber nicht sonderlich tragisch, zumal dieser Tag über sich selbst nicht hinausweist. Sein Brauch macht ihn zwar langlebig, aber auch ungefährlich. Er ist und bleibt Selbstzweck.

Genau das aber unterscheidet ihn von all den Fallen und Fälschungen sogenannter Fake News. Sie verfolgen ein Ziel, eine Absicht. Scherze am vermeintlichen "Schicksalstag 1. April" verbiegen für den Moment ein wenig Welt und Wirklichkeit. Spätestens am Ende des Tages aber wird alles wieder zurechtgerückt. Fake News hingegen versuchen, die Wirklichkeit zu verwandeln, um eine neue Wirklichkeit zu erschaffen. Ein 1. April, der nie enden will und wird. Mit Fallen, die ewig Bestand haben. Und mit Menschen, die zu Betrogenen des Lebens werden.

Wie schön ist dagegen unser Brauch des 1. April.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort