Berlin Fall Hoeneß wird Wahlkampfthema

Berlin · Die SPD will die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder abschaffen und die Fristen zur Strafverfolgung ausweiten.

 FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß (l.) bei einem Empfang in der bayerischen Staatskanzlei neben Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer.

FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß (l.) bei einem Empfang in der bayerischen Staatskanzlei neben Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer.

Foto: dpa

Der Fall Hoeneß und der Umgang der Behörden mit Steuersündern entwickelt sich zum Wahlkampfthema. Regierung und Opposition warfen sich gestern gegenseitig Versäumnisse vor. Die SPD forderte eine Verschärfung der Regelung, nach der Steuersünder ohne Strafen davonkommen, wenn sie sich selbst anzeigen. Bayern-Präsident Uli Hoeneß hatte sich im Januar beim Finanzamt angezeigt, die Behörden ermitteln seither wegen Steuerhinterziehung. Seit 2010 haben sich angeblich bundesweit mehr als 47 000 Menschen selbst angezeigt und rund zwei Milliarden Euro Steuern nachgezahlt.

Diese Praxis sei ein "Problem für den Rechtsstaat", sagte nun SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Die Möglichkeit, sich durch die Offenbarung bei der Justiz einer Strafe zu entziehen, müsse abgeschafft werden. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte sich zunächst für die Beibehaltung der Selbstanzeige mit Straffreiheit ausgesprochen, korrigierte gestern aber seine Meinung.

Das Bundesfinanzministerium lehnt die Abschaffung der Straffreiheit bei Selbstanzeige ab. Man habe die Voraussetzungen dafür erst 2011 verschärft, hieß es. Die FDP hält indes eine Einschränkung der Regelungen für möglich. Bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag lieferten sich Regierung und Opposition gestern ein leidenschaftliches Rededuell. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte Hoeneß einen "bedauerlichen Einzelfall", den die Opposition für eine "polemische Debatte" ausnutze. "Jeder muss das Recht zur zweiten Chance haben", sagte der CDU-Abgeordnete Frank Steffel.

Der SPD-Politiker Carsten Sieling verwies auf die hohe Zahl von Selbstanzeigen und meinte: "Von wegen Einzelfall." Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte das Schweizer Steuerabkommen als "Geldwaschabkommen", weil es Steuerhinterziehern Anonymität garantiere.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte eine Verschärfung der Strafen für Banken, die Steuerhinterziehung dulden. Es müsse einen "harten Druck" der Behörden auf Steueroasen geben. "Dazu brauchen wir ein Unternehmensstrafrecht", sagte Gabriel. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, forderte eine Verlängerung der Fristen für die strafrechtliche Verfolgung von Steuersündern auf generell zehn Jahre und eine Stärkung der Steuerprüf-Abteilungen. Derzeit verjährt Steuerbetrug nach fünf Jahren, bei Summen über 100 000 Euro jedoch erst nach zehn Jahren.

(brö/mar/qua)
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