Berlin Familiennachzug: 500.000 statt 1,5 Millionen Syrer erwartet

Berlin · Die Flüchtlingskrise spaltet unvermindert die Gesellschaft. Das Bundeskriminalamt rechnet mit mehr politisch motivierter Kriminalität.

Die knapp 1,3 Millionen Flüchtlinge, die seit Januar 2015 nach Deutschland gekommen sind, prägen weiter die Debatte im Land. Während der Familiennachzug nun offensichtlich geringer ausfallen wird und langsamer kommt als zunächst angenommen, geht die Spaltung der Gesellschaft weiter.

Politisch motivierte Kriminalität Die Zahl der Straftaten gegen Asylunterkünfte ist innerhalb eines Jahres sprunghaft angestiegen. Vorläufiger Höchststand war das vierte Quartal 2015 mit 472 Delikten. Das Bundeskriminalamt fürchtet, dass die politisch motivierte Kriminalität von links und rechts weiter zunehmen wird, wie aus einem internen Papier des BKA hervorgeht. "Neben objekt- und personenbezogenen Straftaten zum Nachteil von Flüchtlingsunterkünften und deren Bewohnern sind rechtsmotivierte Straftaten gegen Politiker und sonstige als politisch verantwortlich empfundene Personen weiterhin zu erwarten", heißt es. Zugleich rechnet die Behörde damit, dass auch die linke Szene ihre Aktionen gegen rechte Gegner, Polizei und politisch Verantwortlich fortsetze. Die zunehmende Ausdifferenzierung zwischen Asylgegnern und Asylbefürwortern führe zu einer latenten Radikalisierung des bereits bestehenden gesellschaftlichen Diskurses.

Familiennachzug Es sei damit zu rechnen, dass für jeden Syrer ein Familienmitglied nachziehe, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf eine Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Das wären dann aber immer noch rund 500.000 zusätzliche Flüchtlinge. Vergangenes Jahr war man noch von einem Familiennachzug von mehr als einer Million ausgegangen. Als Familienmitglieder nachgeholt werden können Kinder, Ehepartner und Eltern.

Unbegleitete Minderjährige Anspruch auf Familiennachzug haben auch unbegleitete Minderjährige, die ihre Eltern nachholen können. Anfang des Jahres lag ihre Zahl bei rund 67.000. Allerdings wächst auch die Zahl der minderjährigen Flüchtlinge, die einfach verschwinden. Nach BKA-Daten galten zum 1. April 2016 insgesamt 8537 jugendliche Flüchtlinge als vermisst.

Flüchtlinge ohne Ausweis Die Mehrheit der Flüchtlinge, die nach Deutschland einreist, kommt ohne gültige Papiere. 80 Prozent der Migranten, die seit Anfang des Jahres gekommen sind, hätten keine Ausweise vorlegen können, berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Zahlen der Bundespolizei. Das entspricht bei 114.255 von der Bundespolizei an der Grenze aufgegriffenen Migranten rund 91.000 Flüchtlingen ohne Papiere. Fehlende Papiere verlängern die Asylverfahren. Mittlerweile geben die Behörden an die Neuankömmlinge Flüchtlingsausweise aus, die ihren Status und ihren Wohnort beinhalten. Allerdings leben hierzulande immer noch geschätzt rund 150.000 Flüchtlinge, die bislang noch nicht offiziell registriert wurden.

(qua)
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