Moskau Feindselige Stimmung in Russland gegen die Türkei

Moskau · Hat das russische Flugzeug den türkischen Luftraum verletzt oder nicht? Die russischen Medien haben diese Frage für sich klar beantwortet - mit Nein. Jetzt wird verbal gegen die Türkei aufgerüstet.

Zum Beispiel von Dmitri Kisseljow, dem Generaldirektor des russischen Nachrichtenportals "Sputnik". Der bekannte TV-Nachrichtenmoderator steht wie kein anderer für die russische Debattenkultur: Meinung statt Fakten. Auch nach dem Abschuss des russischen Jets ließ Kisseljows Reaktion nicht lange auf sich warten. "Nur keine Hysterie", twitterte er. "Das Militär und die Politiker kommen schon zurecht. Die Türkei ist nicht der IS, ein konstruktiver Dialog ist möglich." Fast schon diplomatisch. Doch nur eine Stunde später beschimpfte Kisseljow die Türkei als hinterhältig und kündigte Konsequenzen an: "Die Türkei hat ein noch höheres Selbstzerstörungspotenzial als die Ukraine. Ich schlage vor zu warten, bis das Land von selbst zerfällt." Quer durch die russische Medienlandschaft ziehen sich die unterschiedlichsten Gerüchte. So will Daria Aslamova, Journalistin der "Komsomolskaja Prawda", bereits vor einem Monat von dem geplanten Zwischenfall erfahren haben. "Erdogan plant den Abschuss eines russischen Flugzeugs in Syrien, um die Türkei in einen Krieg mit Russland zu ziehen", habe es in einem Schreiben von Freunden geheißen. Sie habe damals keine Möglichkeit gehabt, diese Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen: "Das wäre mein Tod gewesen."

Wie schon im Ukraine-Konflikt schrecken russische Politiker und führende Medien in der Syrien-Debatte vor radikalen Provokationen nicht zurück. Bereits vor dem Abschuss hatten zwei Abgeordnete der Kommunistischen Partei in einem offenen Brief an Präsident Wladimir Putin den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Ankara gefordert. Das berichtet die Zeitung "Iswestija". "Die Aggression der Türkei unterstreicht einmal mehr: Die Türkei ist ein grenzenloser Unterstützer des internationalen Terrorismus. Genauer gesagt: der in Russland verbotenen Terrororganisation IS", schrieben die Politiker.

Eine der wenigen sachlichen Meldungen findet sich auf der Homepage des Senders "Echo Moskwi". Hier stehen die Versionen Russlands und der Türkei gleichberechtigt in einem Text - ohne Polemik und ohne Emotionen.

Vor der türkischen Botschaft versammelten sich im Laufe des Tages einige junge Leute mit Papp-Plakaten. "Die abgeschossenen Piloten haben Terroristen vernichtet, damit unsere und eure friedlichen Bürger nicht sterben müssen", stand zum Beispiel auf dem Banner einer jungen Frau geschrieben.

(RP)
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