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Paris Fillon - Präsident um jeden Preis

Paris · Die Affäre um den Verdacht einer Scheinbeschäftigung seiner Frau lässt François Fillon nicht los. Die Ermittler erhöhen den Druck - doch der französische Präsidentschaftskandidat will nicht hinwerfen.

Manche französische Journalisten glaubten zunächst an einen Scherz, als sie gestern die Mitteilung auf ihren Smartphones sahen. Obwohl die Kameras schon parat standen, verschob der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon völlig überraschend seinen Besuch auf der Pariser Landwirtschaftsmesse, in Frankreich ein Pflichttermin für Wahlkämpfer. Nach Stunden wilder Spekulationen wurde klar: Die Affäre um die Beschäftigung seiner Frau Penelope auf Parlamentskosten hat den Konservativen wieder einmal eingeholt.

Der entscheidende Satz fiel dann um 12.35 Uhr: "Ich werde mich nicht zurückziehen", sagte ein sichtlich angegriffener Fillon vor der Presse. Er will nicht aufgeben, auch wenn ihm in der Affäre um die Scheinbeschäftigung ein Ermittlungsverfahren bevorsteht. Vergessen ist seine Ankündigung, in diesem Fall nicht anzutreten. "Ich begebe mich in die Hände des französischen Volkes, denn nur eine allgemeine Wahl und kein juristisches Verfahren kann entscheiden, wer der nächste Präsident wird."

Der frühere Regierungschef stellte sich als Opfer der Justiz dar, die ihn am 15. März vor die Untersuchungsrichter lädt - zwei Tage bevor die Erklärungsfrist für die Bewerber die Präsidentschaftswahl endet. "Die Rechte soll daran gehindert werden, einen Kandidaten zu präsentieren", kritisierte der 62-Jährige und sprach von einem "politischen Mord" - "nicht nur an mir, sondern an den Präsidentschaftswahlen".

Den ganzen Vormittag sprach Fillon in seinem Hauptquartier mit den Parteispitzen über seinen Justiztermin. Doch bis auf Ex-Minister Bruno Le Maire, der sich aus Fillons Wahlkampf zurückzog, hielt die Mauer rund um den angeschlagenen Kandidaten. Wohl auch, weil es keine Alternative gab, denn Alain Juppé hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er als "Plan B" nicht zur Verfügung steht.

Fillon hatte die parteiinternen Vorwahlen der Republikaner im November triumphal gegen Juppé gewonnen und danach bereits wie der sichere Sieger der Präsidentschaftswahl ausgesehen. Doch die Enthüllungen der Satirezeitung "Canard Enchaîné" über die jahrelange Anstellung seiner Frau und Kinder als Parlamentsassistenten ließen den gläubigen Katholiken in den Umfragen abstürzen. Sein Wahlkampf leidet seither unter "Penelopegate": Fillons Auftritte werden regelmäßig von einem Kochtopfdeckel-Konzert gestört - in Frankreich ein Synonym für Affären. Von einem "Klima fast wie im Bürgerkrieg" sprach der Kandidat, der auf sein Image als Saubermann gesetzt hatte.

Seit Freitag laufen jedoch die Vorermittlungen wegen Hinterziehung öffentlicher Gelder, denn Fillon ließ seine Frau und zwei seiner Kinder auf Kosten der Steuerzahler entlohnen. Insgesamt mehr als 800.000 Euro verdiente die Familie Fillon so innerhalb von 15 Jahren. "Sie haben mir geholfen, und ich werde es beweisen", kündigte der fünffache Vater gestern erneut an. Seine Kandidatur sieht er auch als Alternative zur Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron, die in Umfragen inzwischen vor ihm liegen. "Die Franzosen sollen nicht die Wahl haben zwischen dem verrückten Abenteuer der Rechtsextremen und der Fortsetzung der Politik Hollandes", rechtfertigte Fillon seine Entscheidung. "Ich fordere euch auf, Widerstand zu leisten", appellierte er an seine Anhänger. Bei der Mitte-Rechts-Partei UDI verhallten seine Worte aber bereits. Die Partei setzte gestern ihre Wahlkampf-Unterstützung für Fillon aus.

Ähnlich wie Fillon ist allerdings auch Marine Le Pen in eine Affäre um Scheinbeschäftigung verwickelt. Die Chefin des Front National (FN) soll ihre Büroleiterin und einen Leibwächter als Assistenten im Europaparlament ausgegeben haben, obwohl sie für den FN arbeiteten. Die Rechtspopulistin, die als Europaabgeordnete Immunität genießt, weigerte sich, in der Affäre auszusagen. Fillon will dagegen seinen Justiztermin in zwei Wochen wahrnehmen: "Ich respektiere die Institutionen." Wie Le Pen hatte er allerdings gehofft, dass die Justiz während des Wahlkampfes eine Pause in ihren Ermittlungen macht. Dies lehnte Justizminister Jean-Jacques Urvoas ab.

(RP)
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