Berlin/Düsseldorf Fingerabdrücke von Anis Amri am Lkw gefunden

Berlin/Düsseldorf · Drei Tage nach dem Terroranschlag in Berlin ist gegen den flüchtigen Hauptverdächtigen Haftbefehl erlassen worden. Der Tunesier Anis Amri wurde nach der Tat an einem Salafistentreffpunkt in der Hauptstadt gefilmt.

Nach Auswertung der vorhandenen Spuren sind die Ermittler überzeugt: Der Tunesier Anis Amri hat am Montagabend den Lastwagen vor der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in den Weihnachtsmarkt gesteuert, dabei zwölf Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, Amri sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit" der Täter. Am Lastwagen seien Fingerabdrücke des Gesuchten gefunden worden. Der Generalbundesanwalt teilte in Karlsruhe mit, dass ein Haftbefehl gegen den 24-Jährigen erlassen worden sei.

Anis Amri ist nach einem Bericht des rbb am frühen Dienstagmorgen, also knapp acht Stunden nach dem Anschlag, an einem Salafistentreffpunkt in Berlin gefilmt worden. Der Sender veröffentlichte Observationsbilder, die den Tunesier vor einem Moschee-Verein zeigen sollen. Weitere Observationsbilder sollen ihn an derselben Stelle am 14. und 15. Dezember zeigen. Ort der Observation war die Vorderseite des Gebäudes des Moschee-Vereins "Fussilet 33". Dieser ist im jüngsten Bericht des Berliner Verfassungsschutzes als Treffpunkt von Islamisten aufgeführt.

Gestern wurden erneut Orte in NRW und Berlin durchsucht, an denen sich Amri aufgehalten haben soll. In Düsseldorf wurden sechs Männer festgenommen, gegen die seit dem Morgen wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht ermittelt worden war. Am Abend stürmte ein Spezialeinsatzkommando eine Wohnung im sogenannten Maghreb-Viertel, auch dabei soll es um unerlaubte Waffen gegangen sein. Einen Zusammenhang mit der Terrorfahndung wollten die Behörden weder bestätigen noch dementieren.

Berichten zufolge wurde Amri in Italien und Tunesien zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Behörden hatten laut "Spiegel" vage Hinweise darauf, dass er sich im Chat mit einem Hassprediger als möglicher Selbstmordattentäter anbot. Abgefangene Äußerungen von Amri seien aber so verklausuliert gewesen, dass sie nicht für eine Festnahme gereicht hätten. Der Gesuchte soll sich im Internet über den Bau von Sprengsätzen informiert und direkten Kontakt zum IS gehabt haben. Das berichtet die "New York Times" unter Berufung auf Aussagen amerikanischer Offizieller. Amris Name habe zudem auf der Flugverbots-Liste der USA gestanden.

In Tunesien verhörten Ermittler die Familie des mutmaßlichen Attentäters in der nordöstlichen Provinz Kairouan, einer Salafisten-Hochburg. Angehörige sagten, Amri habe sein Elternhaus Ende 2010 verlassen. Ein Bruder des Terrorverdächtigen rief diesen zur Aufgabe auf. Die Familie sei schockiert.

NRW-CDU-Chef und Bundesvize Armin Laschet übte heftige Kritik an der Arbeit der Sicherheitsbehörden: "Die Informationen, die wir seit gestern bekommen, die können einen nur erschüttern." Dies führte zu einer scharfen Reaktion des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt: "Ich finde es schändlich, im Fall Amri von Behördenversagen zu sprechen. Erst recht, wenn es Politiker wie Armin Laschet tun. Er hat offensichtlich keine Ahnung davon, welche Steine der Justiz und der Polizei durch den Gesetzgeber in den Weg gelegt werden", sagte Wendt unserer Redaktion. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Stephan Mayer, fordert eine Verlängerung der Abschiebehaft. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warf dem Koalitionspartner SPD vor, die Einrichtung sogenannter Transitzentren an den Grenzen zu blockieren. Diese würden es ermöglichen, schon vor der Einreise die Identität von Flüchtlingen zu klären,

(RP)
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