Paris Fleck auf der Weste des Saubermanns

Paris · François Fillon soll seiner Frau Pénélope mit einer Scheinbeschäftigung im Parlament 500.000 Euro zugeschanzt haben. "Pénélopegate" könnte den Favoriten für die Präsidentschaftswahl nun schwer belasten.

Von Pénélope Fillon gibt es nicht viele private Fotos. Das wohl bekannteste zeigt die grauhaarige 60-Jährige zusammen mit Mann und den fünf Kindern vor ihrem Schlösschen in Solesmes im Westen Frankreichs. Mit dem Strohhut auf dem Kopf ist die gebürtige Waliserin das Abbild einer "Landfrau", wie sie sich selbst einmal nannte: häuslich, bodenständig, mütterlich. Zusammen mit François Fillon, dem konservativen Favoriten für die Präsidentschaftswahl im Frühjahr, bildeten die beiden bekennenden Katholiken ein biederes Paar, das kein Skandal erschütterte - bis Mittwoch.

Da enthüllte das Satireblatt "Canard Enchaîné", dass Madame Fillon acht Jahre lang als parlamentarische Assistentin ihres Mannes und seines Stellvertreters beschäftigt war und dafür insgesamt rund 500.000 Euro bekam. Dazu zitierte die Zeitung eine Kollegin im selben Parlamentsbüro, die versicherte: "Ich habe nie mit ihr gearbeitet." Mit anderen Worten: Fillon könnte seiner Frau auf Kosten des Steuerzahlers eine Scheinbeschäftigung verschafft haben. Noch am Mittwoch begann deshalb die Finanzstaatsanwaltschaft mit Vorermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Der Parlamentsjob war nicht die einzige gut bezahlte Nebenbeschäftigung der diskreten "Penny", die in einem Interview im vergangenen Jahr gesagt hatte: "Bisher habe ich mich nicht am politischen Leben meines Mannes beteiligt." Die Stadträtin von Solesmes war auch Literaturberaterin der Zeitschrift "La Revue des Deux Mondes" von Fillon-Freund Marc Ladreit de Lacharrière. Zwei kurze Buchbesprechungen erschienen in anderthalb Jahren von ihr unter Pseudonym - für ein Monatsgehalt von 5000 Euro.

Nach seinem fulminanten Sieg bei den Vorwahlen im November war der Kandidat weitgehend von der Bildfläche verschwunden, was sich auch in den Umfragen negativ auswirkte. Mit einem Besuch in Berlin am Montag und einer Wahlkampfveranstaltung am Sonntag wollte der Ex-Regierungschef diese Woche wieder Schwung nehmen.

Stattdessen musste sich der 62-Jährige wegen "Pénélopegate" rechtfertigen, wie die Affäre um seine Frau schon genannt wird. "Die Phase der Stinkbomben ist eröffnet", kommentierte er den Zeitungsbericht, und ließ der Staatsanwaltschaft erste Dokumente über eine Arbeit seiner Frau zukommen.

Im französischen Fernsehen bestätigte der Ex-Premier dann gestern Abend, dass seine Frau als Parlamentsmitarbeiterin gearbeitet hat. "Es handelte sich um eine wirkliche Beschäftigung", sagte Fillon dem TV-Sender TF 1. "Sie können sich nicht vorstellen, wie sie leidet, dass man denken könnte, sie hätte sich nicht an die Regeln gehalten."

Rein juristisch ist die Beschäftigung von Ehepartnern im Parlament erlaubt. Mehr als zehn Prozent der Abgeordneten stellen einen Angehörigen ein, darunter der sozialistische Parlamentspräsident Claude Bartolone und der Parlamentarier des Front National (FN), Gilbert Collard.

Allerdings hält sich der FN in der Affäre Fillon auffällig zurück, obwohl der Kandidat mit seinen wertkonservativen Vorstellungen der Partei von Marine Le Pen Stimmen wegzunehmen droht. Der Grund: Der FN ist selbst wegen der Scheinbeschäftigung von Assistenten im Europaparlament im Visier. Die Rechtsextremen ließen die Straßburger Vertretung für Mitarbeiter zahlen, die hauptsächlich für den FN beschäftigt waren, und müssen deshalb mehr als eine Million Euro zurückzahlen.

"Man kann Frankreich nicht führen, wenn man nicht untadelig ist", hatte Fillon im Wahlkampf seinem gleich mit mehreren Affären belasteten Konkurrenten Sarkozy mit auf den Weg gegeben. Ein Satz, der ihm nun selbst anhängt. Denn wie will der Kandidat seine drastischen Einsparungen im Staatshaushalt verkaufen, wenn er die eigene Frau aus der Staatskasse mit bis zu 7900 Euro monatlich entlohnen ließ? "Das ist der Horror. Der reine Horror", zitierte die Zeitung "Le Parisien" einen Fillon-Mitarbeiter. Ein anderer sprach schon von einer möglichen Wende im Präsidentschaftswahlkampf: "Am Ende kann das schwer ins Gewicht fallen."

(RP)
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