Düsseldorf Fleißige Kommunalpolitiker

Düsseldorf · Die bundesweit größte Studie zum Alltag ehrenamtlicher Kommunalpolitiker widerlegt Vorurteile. Ratsmitglieder verzichten auf Geld und Freistellungen, haben allerdings auch wenig Bürgerkontakt.

Die meisten Stadträte und Kreistagsmitglieder verzichten weitgehend auf die gesetzliche Möglichkeit, sich von ihrem Arbeitgeber freistellen zu lassen. Auch Verdienstausfälle machen nur 15 Prozent geltend - am ehesten noch die Freiberufler unter den kommunalen Mandatsträgern. Das geht aus einer Studie der Ruhr-Universität Bochum hervor, die NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) gestern im Kommunalausschuss des Landtages vorstellte.

"Jedenfalls kann entgegen manchem Vorurteil festgehalten werden, dass nicht der Eindruck entsteht, Mandatsträger würden sämtliche Vorteile oder Kompensationen ausnutzen, die ihnen vom Gesetzgeber eröffnet werden", heißt es in der bundesweit bislang umfangreichsten Studie zum kommunalen Ehrenamt. "Im Gegenteil: Beim Verdienstausfall bleibt dem Steuerzahler einiges an Kosten erspart, da viele Mandatsträger die Regelungen nicht nutzen."

Für die Studie, aus der einzelne Ergebnisse schon im Vorfeld bekanntgeworden waren, hat der Sozialwissenschaftler Jörg Bogumil 2300 Mandatsträger aus 44 NRW-Kommunen befragt. Deutlich wurde dabei allerdings auch, dass viele Mandatsträger nicht ganz freiwillig auf die Möglichkeiten von Freistellungen durch ihren Arbeitgeber verzichten. Die Befragten berichteten teilweise von subtilem Druck oder von notwendiger Rücksichtnahme auf Kollegen.

Der durchschnittliche kommunale Mandatsträger ist älter als der Bevölkerungsschnitt, sehr gut ausgebildet und überwiegend männlich. Schüler, Studenten, Berufseinsteiger und die Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen ist in den Stadträten und Kreistagen des Landes deutlich unterrepräsentiert. "Da ohnehin schon erhebliche Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bewältigen sind, wird eine Mandatstätigkeit wahrscheinlich zunehmend auf spätere Lebensphasen vertagt", mutmaßt Bogumil. Der Frauenanteil sei mit 26,7 Prozent in den Städten und 29,4 Prozent in den Kreisen zwar immer noch gering, er sei in den letzten Jahrzehnten aber deutlich angestiegen.

Obwohl 70 Prozent der Mandatsträger erwerbstätig sind, wenden sie in den Städten im Schnitt 32,5 Stunden im Monat für ihr kommunalpolitisches Engagement auf und in den Kreisen 29,7 Stunden. Fraktionschefs bringen es im Schnitt sogar auf 56,4 Stunden. Dennoch spielt der Kontakt zu Bürgern und Vereinen bei den meisten Mandatsträgern eine untergeordnete Rolle. Gremiensitzungen beanspruchen den Löwenanteil des kommunalpolitischen Zeitbudgets. Jeder dritte Mandatsträger in NRW hält seinen Rat oder Kreistag auch für zu groß, in den Großstädten sieht das sogar die Hälfte der Mandatsträger so.

Große Sorgen bereitet den Mandatsträgern der Schuldenberg ihrer Kommunen. "Die strukturelle Unterfinanzierung führt dazu, dass es de facto in vielen Fällen keine kommunale Selbstverwaltung mehr gibt, sondern man sich auf Mangelverwaltung beschränkt", hat Bogumil aus den Antworten der Befragten herausgelesen.

(tor)
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