Forderung nach Erleichterungen Flüchtlinge sollen schneller in Arbeit

Berlin · Gemeindebund und Arbeitgeber verlangen weitere wirksame Erleichterungen beim Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.

Flüchtlinge sollen einfacher auf den deutschen Arbeitsmarkt
Foto: Ferl

Kommunen und Arbeitgeber sehen dringenden Handlungsbedarf, um Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. "Wer als Asylbewerber jahrelang nicht anerkannt ist, aber ein faktisches Bleiberecht hat, sollte schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen dürfen", forderte Gerd Landsberg, Chef des Städte- und Gemeindebundes. "Es sollte grundsätzlich ein uneingeschränkter Arbeitsmarktzugang für Geduldete ohne Arbeitsverbot ab Erteilung der Duldung erlaubt werden", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Für Asylbewerber müsse die Vorrangprüfung nach sechs und nicht erst nach 15 Monaten entfallen.

Bund und Länder hatten sich zwar schon beim Asylkompromiss Ende 2014 darauf geeinigt, Asylbewerbern und Geduldeten die Jobaufnahme zu erleichtern. Doch die Schritte gehen Kommunen und Arbeitgebern nicht weit genug. Dies gilt etwa für die mehr als 113 000 Menschen ohne ein Asylverfahren, die oft aber schon seit vielen Jahren in Deutschland leben und geduldet werden. Sie können bisher erst nach 15 Monaten Wartezeit ab dem Duldungsbeschluss einen Job antreten.

Für diese Gruppe fordern Städtebund und Arbeitgeber nun den Wegfall der Wartezeit. Dies gelte wohl auch für den Vater des 14-jährigen Flüchtlingsmädchens Reem Sahwil in Rostock. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Reem vor zwei Wochen in einer Rostocker Schule bei einem "Bürgerdialog" der Regierung getroffen. Die Schülerin berichtete dort über ihre Angst einer drohenden Abschiebung ihrer Familie. "Es ist ein Unding, dass Reems Vater jahrelang nicht arbeiten darf, obwohl er das möchte und hier bleiben wird", so Landsberg. "Die erzwungene Untätigkeit vieler Flüchtlinge kann Ausländerfeindlichkeit in der übrigen Bevölkerung, Schwarzarbeit und die Unzufriedenheit der Betroffenen fördern", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtebunds.

Auch für die größere Gruppe der Asylbewerber fordern Kommunen und Arbeitgeber weitere Verbesserungen. "Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Reformen für einen leichteren Arbeitsmarktzugang müssen rasch durch weitere Schritte flankiert werden, damit dieser auch praktisch gelingt", sagte Kramer. Asylbewerber können nach dem Asylkompromiss zwar schon jetzt theoretisch drei Monate nach Beginn ihres Asylverfahrens arbeiten, müssen dafür aber eine Vorrangprüfung durchlaufen. Darin bescheinigt ihnen die Arbeitsagentur, dass kein anderer Inländer für die konkrete angebotene Stelle infrage kommt. "Die Vorrangprüfung ist meist ein rein bürokratischer Akt, der nur Zeit und Geld kostet, ohne dass Arbeitslose davon profitieren", sagte Kramer. Daher solle die Vorrangprüfung bereits sechs Monate nach Beginn eines Asylverfahrens entfallen. Seit Jahresmitte gilt, dass sich ein Asylbewerber 15 Monate ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten muss, bevor die Prüfung entfällt.

Auch die Drei-Monats-Wartefrist für Asylbewerber nach Beginn ihres Asylverfahrens müsse gestrichen werden, forderte Landsberg: "Wer als Asylbewerber anerkannt ist, muss hier sofort arbeiten können." Dadurch könnten die Kommunen wesentlich entlastet werden.

Die schleppende Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt schlägt sich in geringen Zahlen zur Erwerbsbeteiligung nieder, die das Institut für Berufs- und Arbeitsmarktforschung (IAB) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung erhoben haben. "Unsere Migrationsstichprobe hat ergeben, dass die Erwerbsbeteiligung der Asylbewerber und Flüchtlinge langfristig bei 55 Prozent liegt", sagte Herbert Brücker vom IAB. Dagegen gingen 65 Prozent aller Menschen mit Migrationshintergrund einer Erwerbstätigkeit nach, bei Deutschen und EU-Zuwanderern seien es 75 Prozent. "Die geringere Erwerbsbeteiligung der Flüchtlinge ist damit zu erklären, dass sie erst spät Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen und oft schlechter qualifiziert sind", sagte Brücker.

(mar)
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