Berlin Flüchtlingskrise: Merkel räumt Fehler ein

Berlin · Die Kanzlerin nennt die Flüchtlingspolitik "alles andere als perfekt". Erstmals spricht sie von einer notwendigen "Steuerung und Begrenzung". CSU-Chef Seehofer hält die Beschlüsse des EU-Gipfels für unzureichend.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Probleme und Fehler in der Flüchtlingspolitik eingestanden. Diese sei bisher "nicht so geordnet, wie sie sein könnte", sagte Merkel im Gespräch mit 60 ausgewählten Bürgern in Nürnberg. Es fehlten die geordnete Verteilung der Flüchtlinge auf die europäischen Staaten sowie eine Abmachung mit der Türkei, damit diese mehr Flüchtlinge aus Syrien im eigenen Land behalte. "Daran arbeiten wir. Das ist alles andere als perfekt", sagte Merkel. Zudem seien verstärkt Abschiebungen nötig.

Angesichts von täglich 8000 neuen Asylbewerbern läuft Merkel die Zeit davon. Die Länder entlang der Balkan-Route sicherten nach dem EU-Gipfel am Sonntag zwar formal zu, ihre "Politik des Durchwinkens" zu beenden. Doch zeigte das gestern kaum Wirkung. Die Länder legten einen 17-Punkte-Plan vor, doch Zweifel an dessen Wirksamkeit äußerte sogar die Kanzlerin selbst.

Nach dem Gipfel nahm Merkel in der Nacht zum Montag erstmals das Wort "Begrenzung" in den Mund. Es gehe darum, die Situation zu ordnen und kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen. "Aber es geht genauso um mittelfristige Maßnahmen, die dann auch zu einer Steuerung und Begrenzung führen", sagte sie.

Der Gipfel vereinbarte Unterkünfte für 100.000 Flüchtlinge, davon 50.000 in Griechenland. Slowenien soll binnen einer Woche 400 Polizisten aus Nachbarländern erhalten. Zudem wollen sich die Länder besser untereinander austauschen und ihre teilweise aggressive Haltung aufgeben.

Die Reaktionen auf den Gipfel fielen überwiegend skeptisch aus. CSU-Chef Horst Seehofer sprach von einem Zwischenschritt und mahnte weitere Maßnahmen an: "Wir brauchen alles, was da in der Debatte ist. Alles." Im Mittelpunkt der Debatte stehen Transitzonen, in denen Asylanträge vor der Einreise im Schnellverfahren geprüft werden. Wer keine Bleibeperspektive hat, soll nach Plänen der Union zurückgeschickt werden. Die SPD hat noch nicht zugestimmt. Doch könnte sie nach weiteren Verhandlungen ein "Landgrenzenverfahren" akzeptieren, wie es im SPD-Jargon heißt. Gemeint ist eine schwächere Version der Transitzonen ohne Zäune, aber mit der gleichen Intention.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach forderte Merkel auf, den Widerspruch in der Asylpolitik zu beenden. Nach deutschem Asylrecht könnten Antragsteller abgewiesen werden, die aus einem sicheren Transitland kämen. Aber wegen des gescheiterten Dublin-Abkommens der EU wende man das nicht an. "Das ist weder logisch noch zielführend", sagte Bosbach.

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(mar)
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