Madrid Francos Erbe bleibt in Spanien umstritten

Das Dorf Llanos del Caudillo erinnert in seinem Namen bis heute an den Diktator - durchaus positiv.

Llanos del Caudillo ist ein malerisches Dorf. Keines der weiß gestrichenen Häuser hat mehr als zwei Geschosse, in den Bäumen vor der Kirche und dem Rathaus singen Vögel. Doch der spanische Ort trägt den Namen des alten Diktators Francisco Franco im Namen. Denn "El Caudillo" - das war Franco, so wie Hitler "der Führer". Bis heute tun sich die Bewohner schwer mit diesem Erbe - wie jetzt auch ein Filmprojekt zeigt.

Das Franco-Regime (1939-1975) hatte das Dorf 1956 gegründet. Die Diktatur wollte mit 300 solcher Kolonien brachliegendes Land bewirtschaften und versprach Haus und Land für jene, die in die neuen Dörfer zogen. Das haben die Bewohner nicht vergessen; es ist das, was in ihrer Erinnerung zählt. Franco habe das Dorf nun mal gebaut, sagt etwa der 55-jährige Jacinto vor der Kirche. Das Regime habe den damals völlig verarmten Siedlern Häuser und Äcker gegeben.

Trotz solcher Ansichten sei Llanos del Caudillo "kein Dorf von Faschisten", meint der deutsche Filmemacher Dietmar Post. Bei einer Spanien-Reise mit seiner spanischen Partnerin Lucía Palacios war ihm der Ortsname aufgefallen. Daraus wurde ein Filmprojekt. Während Palacios und Post im Bürgerhaus die Vorführung ihres Films vorbereiten, betritt der Bürgermeister mit einer Mappe voller Unterlagen den Saal. Santiago Sánchez wollte schon vor zehn Jahren den Ortsnamen ändern, unterlag aber im Referendum. Doch viel wichtiger sind ihm seine Erkenntnisse über die angeblichen Wohltaten des Regimes.

"Das ist die Buchhaltung über die Weizenernte von 1961", sagt er, und zieht ein großes Blatt mit ordentlichen handschriftlichen Aufzeichnungen hervor. Daraus gehe hervor: Den Siedlern wurden 51 Prozent ihrer Ernte als Rückzahlung für Haus und Land abgezogen. Sie mussten auch Kosten für Dreschen, Transport und Saatgut begleichen. "Hier, diesem Siedler blieben nach allen Abzügen von 13 457 Pesetas noch 4706 Pesetas übrig. Ein Drittel seiner Arbeit", sagt er.

Die Zahlungen für Haus und Land wurden nirgends verbucht. Sánchez blättert in einem Heft, wie es die Verwaltung für jeden Siedler führte. Die Tabelle über die Zahlungen wurde nie ausgefüllt. So wurden die Familien auch erst 2003 von der längst demokratischen Regionalverwaltung der La Mancha als rechtmäßige Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.

Der Bürgermeister zeigt auch auf Anzeigen, aus denen viele Verbote jener Jahre hervorgehen: Bestraft wurde, wer das Dorf ohne Erlaubnis verließ oder nach der Ernte noch Reste des Weizens von den Feldern aufsammelte. Für Sánchez beweisen die Papiere: Die Bauern waren "Leibeigene" und schulden dem Regime keinen Dank.

Doch das will auch nach der Vorführung kaum ein Bewohner anerkennen. Der Dokumentarfilm spannt für viele einen zu großen Bogen. "Zu viel Politik", findet nach der Aufführung eine ältere Frau. Franco habe sie damals an einen guten Ort geführt, sagt sie überzeugt.

(epd)
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