Auch die Union setzt auf Steinmeier als Außenminister Das neue Kabinett nimmt Gestalt an

Berlin · Im Endspurt der Koalitionsverhandlungen zeichnen sich die Konturen des dritten Kabinetts unter Angela Merkel ab. Frank-Walter Steinmeier steht vor einem Comeback als Außenminister, Thomas de Maizière bleibt wohl Verteidigungs-, Wolfgang Schäuble Finanzminister. Ein Überblick.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier wird offenbar zum zweiten Mal Bundesaußenminister: Der 57-Jährige, der bereits von 2005 bis 2009 Außenamts-Chef in der damaligen Großen Koalition war, soll sich entschieden haben, dem Drängen seiner Parteifreunde nachzugeben und in die mögliche schwarz-rote Bundesregierung zu rücken (unsere Redaktion berichtete). Das erfuhr unsere Redaktion aus dem Umfeld des SPD-Politikers. Auch in der Unionsspitze hieß es, Steinmeier sei als Außenminister gesetzt, wenn er wolle.

Wenige Tage vor dem Ende der Koalitionsverhandlungen zeichnen sich damit erste Konturen des dritten Kabinetts unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer möglichen großen Koalition ab. Die CDU beansprucht fünf Ministerien, die CSU drei, die SPD sechs.

Auf die Finanzen soll die SPD verzichtet haben

Wenn Steinmeier ins Außenamt geht, kann Thomas de Maizière (CDU) Verteidigungsminister bleiben, weil in Berlin das ungeschriebene Gesetz gilt, dass die Ressorts unterschiedliche parteipolitische Farben haben müssen. Die SPD, die den ersten Zugriff auf ein Ministeramt hätte, weil Merkel das Kanzleramt besetzt, hat dem Vernehmen nach bereits auf das Finanzministerium verzichtet. Der 71-jährige Wolfgang Schäuble (CDU) kann damit für weitere vier Jahre als Finanzminister die Euro-Rettung organisieren.

Steinmeier soll in kleiner Runde wachsendes Interesse an einer Rückkehr ins Auswärtige Amt signalisiert haben. Der Bedeutungsverlust des Amtes unter dem Noch-Minister Guido Westerwelle (FDP) habe Steinmeier geärgert, heißt es. Die deutsche Außenpolitik müsse wieder "wahrnehmbarer und selbstbewusster" werden. Dafür sollen auch Zuständigkeiten aus dem Entwicklungsministerium, etwa Referate für Schwellenländer, in das Auswärtige Amt verlagert werden.

Einige wichtige Posten sind vakant

Wer Steinmeier an der Spitze der SPD-Fraktion beerben könnte, ist unklar. Die SPD-Frauen dringen auf eine Kandidatin, etwa die frühere Justizministerin Brigitte Zypries oder Generalsekretärin Andrea Nahles. Auch Thomas Oppermann, bisher Fraktions-Geschäftsführer, ist im Gespräch für den einflussreichen Posten. Oppermann selbst zieht es bisher allerdings in ein Ministeramt. Das von ihm favorisierte Amt des Innenministers soll aber der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich behalten, wie es übereinstimmend in den Parteispitzen hieß. Das Justizministerium fiele dann an die SPD. Auch dafür sind Zypries oder Oppermann im Gespräch.

Die wohl spannendste offene Frage ist, für welches Ressort sich der künftige Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel entscheidet. Gabriel hatte mehrfach das Gelingen der Energiewende zum zentralen Thema der neuen Legislaturperiode erklärt. Als früherer Umweltminister verfügt er über profunde Kenntnisse in der Umwelt- und Energiepolitik. Seit Wochen wird nun in Berlin kolportiert, Gabriel wolle ein aufgewertetes Energieministerium übernehmen, in das Teile des Wirtschaftsministeriums integriert würden.

Für von der Leyen bliebe ein Verlierer-Ressort

Die Energiewende wird jedoch noch über Jahre kein Gewinnerthema sein. Wahrscheinlicher ist daher, dass Gabriel das Ministerium für Arbeit und Soziales bevorzugt. Da die künftige Koalition bessere Rentenleistungen sowie den Mindestlohn verspricht und die Beschäftigungsrekorde andauern, könnte Gabriel in diesem Amt glänzen. Amtsinhaberin Ursula von der Leyen (CDU) müsste sich dann mit dem von ihr ungeliebten Gesundheitsressort begnügen. Ronald Pofalla (CDU) dürfte Kanzleramtschef bleiben.

Der Shootingstar der Koalitionsverhandlungen, CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, könnte neuer Verkehrsminister werden. SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks könnte ins Entwicklungsressort rücken, um den NRW-Landesverband im Kabinett zu vertreten.

(brö, mar)
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