Frankfurt Entfesselter Mob bei EZB-Eröffnung

Frankfurt · Mindestens 230 Menschen wurden bei Protesten gegen die Europäische Zentralbank in Frankfurt verletzt. Radikale Demonstranten stürmten eine Polizeistation. Viele Politiker verurteilten die Gewalt.

So reagierten Politiker auf die Krawalle in Frankfurt
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Foto: ap

Zur Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt haben sich Autonome aus ganz Europa heftige Straßenkämpfe mit der Polizei geliefert. 94 Beamte seien durch Steinwürfe und Reizgas verletzt worden, sagte eine Polizeisprecherin. Insgesamt ist von mindestens 230 Verletzten die Rede. Auch schwerere Blessuren waren nach Angaben der Polizei dabei. Die Behörden seien zwar auf Gewalt vorbereitet gewesen, aber "mit einem derartigen Hass und so viel Aggression konnte man nicht rechnen", meinte die Sprecherin. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, vielerorts brannten Barrikaden und Polizeiautos.

Bundesjustizminister Heiko Maas verurteilte die schweren Krawalle als Missbrauch des Demonstrationsrechts. Auch EZB-Präsident Mario Draghi erwähnte in seiner Eröffnungsrede die Proteste: "Ich gehe davon aus, dass wir auch diejenigen mitnehmen können, die sich ausgeschlossen fühlen. Einschließlich viele der Protestierenden, die in Frankfurt zusammengekommen sind", sagte der Italiener.

Für die Organisatoren von Blockupy ist die neue EZB-Zentrale das Symbol einer völlig verfehlten Krisenpolitik in den südlichen Euro-Ländern. Sie werfen der Europäischen Zentralbank vor, mit ihrer Politik die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher zu machen.

Die Proteste legten zeitweise die gesamte Innenstadt lahm: Busse und Straßenbahnen fuhren nicht, Schulen und Kindergärten waren geschlossen. Auch Straßen und Mainbrücken waren gesperrt. Vermummte warfen Steine auf eine Polizeistation und brannten mehrere Polizeiwagen ab. Seit den frühen Morgenstunden zählte die Feuerwehr 47 Brandeinsätze. Zu einer Protestkundgebung auf dem Frankfurter Römer vor dem Rathaus kamen am Nachmittag laut Polizei knapp 10 000 Menschen.

Das Areal um das EZB-Hochhaus selbst war ebenso wie die nächstgelegene Mainbrücke weiträumig abgesperrt. Ein massives Polizeiaufgebot hinderte Demonstranten daran, sich dem türkisblau schimmernden Wolkenkratzer zu nähern. Gruppen Vermummter zogen durch die umliegenden Straßen und kippten Mülltonnen um. Der Bau des Hochhauses, in dem zu normalen Zeiten 2600 Menschen arbeiten, hat 1,3 Milliarden Euro gekostet und 4300 Tonnen Stahl verschlungen. Am Eröffnungstag wirkte der Turm jedoch leer, da bis auf einige hundert Beschäftigte die meisten Angestellten von zuhause aus arbeiteten.

An den Protesten gegen die EZB beteiligten sich nach Angaben der Polizei auch Angereiste aus ganz Europa - unter ihnen viele Autonome. Die Organisatoren von der Bewegung Blockupy sprachen von 1000 Demonstranten aus dem Ausland. Ihnen standen mehrere Tausend Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet gegenüber. Mehrere hundert Demonstranten seien vorübergehend festgesetzt und nach Überprüfung ihrer Personalien wieder entlassen worden.

Zahlreiche Politiker verurteilten die Ausschreitungen. Das erschreckende Bild von Gewaltbereitschaft sei "durch nichts zu rechtfertigen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. "Niemand hat das Recht, Polizei- und Feuerwehrbeamte an Leib und Leben zu gefährden", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

(RP)
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