Rom Franziskus beendet Reise im Schatten des Missbrauchs

Rom · An diesem Montag kehrt Papst Franziskus von seiner jüngsten Lateinamerikareise nach Rom zurück. Auf seiner einwöchigen Fahrt nach Chile und Peru widmete sich der Papst unter anderem indigenen Völkern im Amazonas und der Bedrohung ihrer Lebensräume. Er verurteilte gewalttätige Machokultur, bezeichnete die Korruption als "Virus" Lateinamerikas und sprach den Opfern einer Flutkatastrophe Mut zu. Besondere Aufmerksamkeit zog Franziskus auf sich, als er einer vom Pferd gestürzten Polizistin in Chile persönlich zur Hilfe eilte und spontan ein Paar von Flugbegleitern im Flugzeug traute. Wie nun bekannt wurde, hatte das Paar allerdings bereits im Dezember öffentlich den Wunsch geäußert, vom Papst im Flugzeug den Ehe-Segen gespendet zu bekommen.

Gleich zu Beginn seiner Fahrt hatte sich der Papst in Santiago de Chile öffentlich bei Opfern sexuellen Missbrauchs durch Mitglieder des katholischen Klerus entschuldigt. Sobald es aber um einen konkreten Fall ging, nämlich die Vorwürfe gegen den von Franziskus im Jahr 2015 ernannten Bischof von Osorno, Juan Barros, zeigte sich der oft so milde Papst besonders rigoros. Als ihn eine Reporterin am Rande einer Messe im chilenischen Iquique nach dem Bischof fragte, antwortete der Papst unüblich scharf: "Es gibt keinen Beweis gegen ihn. Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?"

Drei Betroffene schilderten hingegen, wie Barros zugegen gewesen sei, als der einschlägig bekannte und 2011 vom Vatikan suspendierte Täter Fernando Karadima sie sexuell missbraucht hätte. Der vom Papst beförderte Bischof sei einer der engsten Vertrauten des Missbrauchtäters gewesen. Vatikanbeobachter erklären sich die Schärfe der Worte des Papstes mit dessen persönlicher Freundschaft zu zwei chilenischen Kardinälen, Francisco Javier Errázuriz, Mitglied im neunköpfigen Kardinalsrat des Papstes, und Ricardo Ezzati, Erzbischof von Santiago de Chile. Die drei Betroffenen haben die Diözese wegen Schadensersatz verklagt, weil deren Leiter den Missbrauch gedeckt hätten und liegen im Streit mit den Kardinälen.

Am Wochenende ging der engste Mitarbeiter des Papstes in Sachen Missbrauch auf Distanz zu Franziskus. Kardinal Sean O'Malley, Erzbischof von Boston und Vorsitzender der Kinderschutz-Kommission im Vatikan, teilte mit, er wisse nicht, warum Franziskus im Fall Barros diese Worte gewählt habe. Es sei verständlich, dass die Äußerungen großen Schmerz bei den Opfern sexuellen Missbrauchs auslösten. "Worte, die die Botschaft verbreiten, 'wenn du die Anschuldigungen nicht beweisen kannst, wird dir nicht geglaubt', lassen diejenigen im Stich, die verwerfliche kriminelle Verletzungen ihrer Menschenwürde erlitten haben und verurteilen sie zu Unglaubwürdigkeit", hieß es in einer Erklärung O'Malleys.

(RP)
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