Paris Französische Juden und Muslime nach Eklat zerstritten

Paris · Am 11. Januar waren sie noch beide durch die Straßen von Paris gezogen: Dalil Boubakeur, der Vorsitzende des Islamrates, und Roger Cukierman, der Vorsitzende des Dachverbands jüdischer Organisationen (CRIF). Doch am Montagabend war Boubakeur nicht wie sonst dabei, als der CRIF sein traditionelles Jahres-Diner abhielt. Denn sechs Wochen nach dem gemeinsamen Gedenkmarsch für die Opfer der islamistischen Anschläge hatte Cukierman die französischen Muslime mit einem Pauschalurteil vor den Kopf gestoßen: "Alle Gewalttaten werden heute von jungen Muslimen begangen."

Gemeint waren die antisemitischen Vorfälle, deren Zahl sich 2014 verdoppelte und für die Auswanderung von rund 7000 Juden nach Israel mitverantwortlich war. Cukierman machte dafür allein die Muslime verantwortlich und nicht den rechtspopulistischen Front National, dessen Gründer Jean-Marie Le Pen mehrmals wegen antisemitischer Äußerungen verurteilt worden war. "Der FN ist heutzutage keine Partei, die Gewalt verübt", sagte der CRIF-Präsident. Gepaart mit der Behauptung, die Chefin der Rechtspopulisten, Marine Le Pen, sei "persönlich unbescholten", sorgte der 78-Jährige für einen Eklat.

Der Aufschrei war so laut, dass Roger Cukierman am Abend in seiner Rede vor 700 Gästen relativieren musste: "Marine Le Pen ist weder eine salonfähige noch eine unbescholtene Person, solange sie sich nicht von den Aussagen ihres Vaters distanziert."

Sozialistische Politiker forderten Präsident François Hollande auf, seine Teilnahme am Diner des CRIF abzusagen. Der Präsident kam trotzdem und nutzte den Abend zu einer Klarstellung: "Der Antisemitismus hat in Frankreich alte Wurzeln, die in die Geschichte der französischen Rechtsextremen reichen, die sich nie wirklich davon befreiten, und eine neuere Quelle, die sich aus dem Hass gegen Israel speist."

(RP)
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