Als Jugendlicher gegen Franco-Truppen Fritz Teppich, der letzte Spanienkämpfer

Berlin (RPO). Fritz Teppich kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Der 90-Jährige hat als Jugendlicher in Spanien gegen den Putschisten um den späteren Diktator Francisco Franco gekämpft. Es ist mittlerweile zwei Generationen her, dass Fritz Teppich erstmals spanischen Boden betrat.

"Ich ging am 5. September 1936 über eine Brücke von Frankreich ins spanische Baskenland", erzählt der 90-Jährige. Ohne Zeit zu verlieren, schloss er sich spanischen Regierungstruppen an, um als noch nicht einmal 18-Jähriger die Republik gegen Franco zu verteidigen: "Alle haben gedacht, es wird ein kurzer Krieg", erinnert sich Teppich. Als Soldat und am Ende als Gefangener blieb er schließlich drei Jahre in Spanien.

Nach Francos Putsch im Juli 1936 machten sich rund 60.000 Freiwillige aus aller Welt auf nach Spanien, um den Vormarsch des Faschismus in einem weiteren Land nach Italien und Deutschland zu verhindern. "Wir waren die ersten, die in sehr verzweifelter Lage dagegen aufgestanden sind", sagt Teppich. Unter den ausländischen Kämpfern waren auch mehrere tausend Deutsche, der 90-Jährige ist nach Angaben des Vereins Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik hierzulande der letzte noch Lebende.

Teppich kam 1918 als Sohn einer bürgerlich-jüdischen Familie in Berlin zur Welt. Als Jugendlicher schließt er sich erst jüdischen, später sozialistischen Jugendgruppen an. Nach der Machtübernahme der Nazis schickt seine besorgte Mutter, Böses ahnend, ihre beiden ältesten Söhne ins Ausland.

Teppich beginnt in Paris eine Kochlehre, die er später in einem Hotel in Belgien fortsetzt. Eines Abends soll er ein großes Buffet vorbereiten, als er vom Kriegsbeginn in Spanien erfährt. "Von da an rannte ich jeden Tag herunter in die Stadt und wartete auf den Zug, der Zeitungen mit Nachrichten aus Spanien brachte", erinnert er sich.

Nachdem Teppich in einer Zeitung von belgischen Freiwilligen liest, die in Spanien zu den Waffen greifen wollen, macht auch er sich auf den Weg nach Süden und kämpft anfangs im Baskenland. Als die Franco-Truppen schließlich Nordspanien einnehmen, sitzt der junge Kämpfer in der umzingelten Küstenstadt Santander in der Falle. "Im letzten Moment konnte ich mit anderen Soldaten in einem stark überfüllten und löchrigen Fischerboot nach Frankreich fliehen", erzählt er. Anstatt dort den Schrecken des Krieges den Rücken zu kehren, begibt sich Teppich zurück nach Spanien, fährt nach Barcelona und kämpft bis zur Niederlage der spanischen Armee im April 1939 gegen die Franco-Truppen

Aus der anschließenden wochenlanger Gefangenschaft kann Teppich entkommen: Zu Fuß schlägt er sich vom Baskenland über die Pyrenäen nach Frankreich durch und kehrt nach Belgien zurück. Bald darauf beginnt jedoch der Zweite Weltkrieg und der anfangs nahezu ungebremste Eroberungskrieg der deutschen Truppen - als Jude und Kommunist will Teppich wieder fliehen, wird jedoch wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft als "feindlicher Ausländer" festgenommen. Nach zwischenzeitlicher Haft in einer Arbeitskompanie in Südfrankreich setzt er sich nach Portugal ab, wo er schließlich das Kriegsende überlebt und bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland bleibt.

Inzwischen hat Teppich, auch als Folge seiner Zeit in Spanien, zwei Herzinfarkte erlitten. An die Einzelheiten der dortigen Kämpfe will oder kann er sich nicht mehr erinnern. Bei Fragen nach dem Kriegsalltag blicken die sonst so wachen Augen unter seinen schlohweißen Augenbrauen müde und erschöpft. Hinter seinen Ideen und Idealen von damals steht er jedoch noch immer. Auf dem Wohnzimmertisch seiner Berliner Wohnung liegt ein Exemplar der französischen kommunistischen Zeitung "L'Humanité".

Wenn Teppich über aktuelle Bestrebungen in Spanien spricht, anonyme Massengräber mit exekutierten Franco-Gegnern zu öffnen und die Verbrechen der Diktatur aufzuklären, wird er unwirsch. "Das hätte vor 50 Jahren spätestens passieren müssen", sagt er. "Es gibt so viele, die einfach verschwunden sind."

(AFP)
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