Persönlich Fürst Karel Schwarzenberg . . . verzweifelt an seinen Tschechen

Fast märchenhaft hatte vor 26 Jahren sein politischer Aufstieg begonnen - zunächst Kanzler bei Präsident Vaclav Havel, dann Senator und langjähriger Außenminister Tschechiens. Fast wäre er auch Präsident geworden. Jetzt ist Karl Johannes Nepomuk Josef Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Mena Fürst zu Schwarzenberg (so die deutsche Version seines Namens) als Chef seiner liberal-konservativen Partei "Top 09" voller Zorn zurückgetreten: "Der Verfall der politischen Kultur ist schnell vorangeschritten."

"Der Fürst", wie die Tschechen den 78-Jährigen halb ironisch nennen, war der letzte politisch aktive Weggefährte des Revolutionshelden und Dichterpräsidenten Havel (1936-2011), mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Die Reste von Havels humanistischem Erbe zertrümmert gerade Präsident Milos Zeman. "Ich finde es beschämend, wenn aus Opfern Mörder gemacht werden", empörte sich Schwarzenberg über den weit nach rechts abgedrifteten Ex-Linken Zeman, der Flüchtlinge pauschal als islamistische Terroristen diffamiert. Schwarzenberg hatte 2013 den Wahlkampf um das Präsidentenamt gegen Zeman verloren. Der fränkisch-böhmische Adelsspross war den Tschechen zu deutschfreundlich.

Schwarzenberg war selber Flüchtling, als seine Familie 1948 von den Kommunisten vertrieben wurde. Er studierte Jura in Wien und verwaltete die Besitztümer in Österreich. In den 80er Jahren unterstützte er als Präsident der Helsinki-Föderation für Menschenrechte Dissidenten in Osteuropa, besonders die Gruppe um Havel.

Schwarzenberg wird im Parlament weiter die Fahne des Liberalismus hochhalten. Der leidenschaftliche Raucher gibt sich kampfeslustig: "Noch ist die Pfeife nicht erloschen." Sein Nachfolger Miroslav Kalousek jedoch ist ein Choleriker ohne Charisma. Mit dem Abgang des stets gelassenen, intellektuell brillanten und ironiesprühenden Schwarzenberg verliert "Top 09" ihr Gesicht.

(RP)
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