Wien Gabriel gegen Auffanglager in Afrika

Wien · Der Außenminister sprach mit seinem österreichischen Kollegen über die Flüchtlingskrise.

In der Flüchtlingskrise setzen Deutschland und Österreich weiter unterschiedliche Akzente. Dies wurde gestern bei einem Treffen zwischen Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) und seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien deutlich.

Während sich Gabriel gegen neuerliche Vorschläge wandte, Auffanglager für Migranten in Nordafrika zu errichten, fühlte sich Kurz in seiner Haltung einer strikten Anti-Willkommens-Politik bestätigt. Darüber hinaus verteidigte Österreichs Außen- und Integrationsminister seinen Vorstoß, die Beihilfen für ausländische Familien in bestimmten Fällen zu kürzen. Gabriel erklärte, er sei nicht unbedingt gegen das Ziel, aber gegen solche nationalstaatlichen Alleingänge.

Gabriel rief in der Frage der Auffanglager zu mehr Realismus auf. "Ich rate dazu, nicht eine Welt zu malen, die nicht existiert." Den Eindruck zu erwecken, das Türkei-Abkommen zum Abfangen und Betreuen von Flüchtlingen sei auf instabile und teils politisch chaotische Länder wie Libyen und Tunesien übertragbar, sei gefährlich. Das werde bei den Bürgern zu Enttäuschungen führen, sagte Gabriel.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hatte in einigen Interviews solche Lager sowie einen Marshall-Plan für Afrika gefordert. Kurz meinte, endlich beginne die Diskussion über den Umgang mit der Flüchtlingskrise ehrlicher zu werden. Er sei seit Langem dafür, Flüchtlinge, die ihre Einreise mit Hilfe von Schlepperbanden schaffen wollten, an der Außengrenze zu stoppen, zu versorgen und zurückzubringen.

Einig waren sich Kern und Gabriel allerdings darüber, dass eine Stärkung und eine Veränderung der EU das Gebot der Stunde sei. Angesichts eines US-Präsidenten, der ganz offiziell eine Schwächung der Europäischen Union anstrebe, müsse nun eine "Phase des Zusammenstehens" beginnen, sagte Kern.

Gabriel betonte, die nachfolgenden Generationen würden alle Politiker verfluchen, die auf nationalstaatliche Lösungen setzten. "Auch Deutschland wird keine Stimme mehr haben, die gehört wird", meinte Gabriel.

(dpa)
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