1. SPD-Regierungskonferenz Gabriel trommelt SPD zur Leistungsschau zusammen

Berlin · Während es sich die CDU im Dauer-Umfragehoch leistete, ihren Parteitag am Samstag auf rund fünf Stunden zu begrenzen, legte die SPD gestern bei strahlendem Sonnenschein eine Extra-Schicht ein: SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte das Spitzenpersonal aus Bund, Ländern und Kommunen zu einer "Regierungskonferenz" nach Berlin eingeladen. Die Sozialdemokraten trafen sich in der Akademie der Künste gleich neben dem Brandenburger Tor. Während das Volk über den Pariser Platz flanierte, Eis aß und plaudernd in den Cafés saß, räsonierten die Sozialdemokraten darüber, wie sich diese Menschen 2017 bei der Bundestagswahl in der Wahlkabine auch mit einem Kreuz bei der SPD für ihren Wohlstand bedanken könnten.

Trotz emsiger Arbeit in der Regierung tut sich für die SPD in den Umfragen kaum etwas. Für den SPD-Chef ist die Lage weiterer Ansporn: "Wenn die SPD etwas braucht, dann ist das Selbstbewusstsein", sagte er. Und um ihr eben dieses einzuflößen, listete er die zahlreichen Regierungsbeteiligungen der SPD auf. In sechs Ländern und drei Stadtstaaten würden die Sozialdemokraten die Regierungschefs stellen. Fast die Hälfte aller Landesminister seien Sozialdemokraten. Acht der zehn größten deutschen Städte würden von der SPD regiert.

Zur Regierungskonferenz war das gesamte Kabinett erschienen. Nur Andrea Nahles fehlte mit der Entschuldigung, dass ihr Mann an diesem Tag seinen 50. Geburtstag feiert. Gabriel gab sich moderat im Tonfall und listete vom Mindestlohn über die doppelte Staatsbürgerschaft bis zur Ukraine-Diplomatie alle Tätigkeiten der Regierung auf, die die SPD verantwortet oder an denen sie beteiligt ist. Nur eine kleine Spitze sendete er gegen die Kanzlerin. Süffisant wies er darauf hin, dass die europäischen Konservativen mit Jean-Claude Juncker einen Kandidaten hätten, dass die Union im Europa-Wahlkampf aber die Kanzlerin plakatierte. "Warum sollen wir als Koalitionspartner etwas dagegen haben, dass die Bundeskanzlerin plakatiert wird?", fragte er und schob hinterher, die Sozialdemokraten wollten aber deutlich machen, dass Merkel nicht zur Wahl stünde.

Nordrhein-Westfalen war bei der Regierungskonferenz prominent vertreten. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft forderte, die SPD müsse Bildungsangebote weiter stärken. "Wir sind die Aufstiegspartei", betonte Kraft. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek spendete seinem Parteivorsitzenden einen lauten Solo-Applaus, als Gabriel darauf verwies, dass der Koalitionsvertrag längst nicht alle Probleme löse und die Infrastruktur unterfinanziert sei. Auch die umstrittene NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze war da.

Die Regierungskonferenz ist auch eine Reaktion auf die schlechten Erfahrungen der SPD in der ersten großen Koalition unter Kanzlerin Merkel, nach der die Sozialdemokraten ein historisch schlechtes Wahlergebnis bekamen. Nicht noch einmal will die SPD die Erfahrung machen, dass die Erfolge mit der Union nach Hause gehen, während man selbst für die unpopulären Entscheidungen verantwortlich gemacht wird.

(qua)
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