Persönlich Gerd Bollermann . . . wird von Minister brüskiert

Der Urlaub in Südtirol dürfte für Gerd Bollermann (66) alles andere als erquicklich sein. Denn kaum war der SPD-Regierungspräsident von Arnsberg, der für die landesweite Unterbringung der Flüchtlinge zuständig ist, am Urlaubsort angekommen, erfuhr er, dass Innenminister Ralf Jäger (SPD) den stellvertretenden Leiter des NRW-Verfassungsschutzes nach Arnsberg entsandt hat. Dort soll der Beamte "bis auf Weiteres" die Geschäfte des Regierungspräsidenten wahrnehmen. Kein Wunder, dass sich Bollermann entmachtet fühlt.

Die offizielle Lesart des Innenministeriums lautet so: In NRW explodieren die Flüchtlingszahlen; von einer Entspannung kann keine Rede sein. Mit Blick auf den Urlaub des Regierungspräsidenten (der Ende August ohnehin ausscheidet) wolle man die Bezirksregierung "personell unterstützen".

Doch was steckt wirklich dahinter? Der Grund für das harte Durchgreifen des Ministers dürfte sein, dass möglicherweise auch die Bezirksregierung in den Flüchtlingsskandal verwickelt ist, der im vorigen Jahr hohe Wellen schlug. Damals wurde bekannt, dass Asylbewerber von Wachleuten im Burbacher Heim misshandelt worden waren. Die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt deswegen auch gegen zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung. Bei ihnen bestehe der Anfangsverdacht auf Freiheitsberaubung und Nötigung durch Unterlassen, so die Ermittler. Durch den Flüchtlingsskandal wurden erhebliche Defizite bei der Betreuung von Flüchtlingen in NRW aufgedeckt, so dass der zuständige Innenminister arg in die Defensive geriet. Jäger dürfte der Schock noch in den Knochen sitzen. Deshalb nutzte er den Urlaub Bollermanns, um in Arnsberg Tabula rasa zu machen. Die Art des Vorgehens ist allerdings höchst irritierend; von Fingerspitzengefühl keine Spur. Und ein Vertrauensbeweis für Bollermanns Stellvertreter ist Jägers brüskierende Nacht- und Nebel-Aktion gewiss auch nicht. Detlev Hüwel

(RP)
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