Stichwort: Geschichte der Atomkraft in Deutschland

Berlin · Die Nutzung der Kernkraft, deren Ende die rot-grüne Regierung nun besiegeln will, hat zumindest die Westdeutschen Jahrzehnte lang in euphorische Anhänger und erbitterte Gegner gespalten.

1951 war zum ersten Mal in den USA die Stromerzeugung in einem Versuchsreaktor gelungen. Schon 1955 setzte die Bundesregierung mit der Gründung eines Bundesministeriums für Atomfragen ein Zeichen, dass auch sie eine große Zukunft in der neuen Technologie sah. 1959 schuf das Atomgesetz, das die Förderung der Kernkraft zum Ziel hat, die Grundlage für den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken.

Schon 1957 ging der erste Reaktor in Deutschland in Betrieb, das so genannte Atomei der Technischen Universität München. 1961 wurde mit einem weiteren bayerischen Versuchsreaktor in Kahl am Untermain erstmals Atomstrom ins öffentliche Netz eingespeist. Doch während die Forschung weiter ging - unter anderem die Entwicklung des Hochtemperaturreaktors im Kernzentrum Jülich - dauerte es nach Angaben des Deutschen Atomforums bis 1972, bis die ersten kommerziellen Kraftwerke in Stade und Würgassen ans Netz gingen.

Unter dem Schock der Ölkrise erlebte die Branche eine Blüte. Während überall in der Bundesrepublik neue Kernkraftwerke genehmigt und gebaut wurden, hatte die sozial-liberale Bundesregierung noch größere Pläne: 40 neue Atommeiler sollten bis 1985 entstehen.

Gegen den rasanten Ausbau allerdings regte sich zunehmend heftiger Widerstand. 1975 kam es zur ersten Protestaktion von Atomkraftgegnern gegen den Bau eines Reaktors im südbadischen Wyhl. Im Jahr darauf gab es neben friedliche Protesten am Kraftwerk Brokdorf an der Unterelbe auch militante Auseinandersetzungen mit der Polizei. 1979 besetzten Demonstranten den Bauplatz für das Atomlager Gorleben, seitdem eines der Symbole der Anti-Atomkraft-Bewegung. Diese erstritt auch einige symbolische Erfolge, unter anderem, dass das Projekt einer Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wackersdorf fallen gelassen wurde.

Die beiden größten Reaktorunfälle im amerikanischen Harrisburg 1979 und im ukrainischen Tschernobyl 1986 gaben Atomskeptikern auch in Deutschland weiter Auftrieb. Seit den 80-er Jahre wurde kein neuer Reaktor beantragt. Der letzte fertig gestellte Meiler ging 1989 in Neckarwestheim ans Netz.

Seitdem rankt sich der - teils militante Streit - vor allem um die Entsorgung abgebrannter Kernelemente. Das Konzept von 1979, zwei zentrale Zwischenlager in Ahaus und Gorleben sowie zwei Endlager in Gorleben und im Schacht Konrad auszuweisen, traf auf erheblichen Widerstand von Anwohnern und Atomkraftgegnern. Zuletzt konzentrierte sich der Protest vor allem auf die Atomtransporte in die Zwischenlager, die regelmäßig von mehreren zehntausend Polizisten gesichert werden mussten.

(RPO Archiv/AP)
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