Berlin/Düsseldorf "Gesichtsscanner auf Flughäfen und Bahnhöfen"

Berlin/Düsseldorf · Bundesinnenminister Thomas de Maizière mahnt zu mehr Wachsamkeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Wenige Tage nach seiner Ankündigung weiterer Maßnahmen für mehr innere Sicherheit hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) jetzt nachgelegt. In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" sprach er sich für eine Technologie-Offensive aus. Gemeint ist damit eine Weiterentwicklung der Video-Überwachung auf Flughäfen und Bahnhöfen. De Maizière wünscht sich hier den Einsatz einer Software zur Gesichtserkennung: "Wenn dann ein Verdächtiger auftaucht und erkannt wird, zeigt das System das an."

In diesem Zusammenhang verwies der CDU-Politiker auf die bereits bestehende Möglichkeit, mithilfe einer Gesichtserkennungssoftware im Internet herauszufinden, ob es sich bei einer fotografierten Person um einen Prominenten oder einen Politiker handelt. Eine solche Software solle an den Videokameras auf Flughäfen und Bahnhöfen installiert werden, fordert de Maizière. Zu Begründung sagte er, die Flughäfen in Deutschland, auf denen pro Jahr 70 Millionen Passagiere abgefertigt würden, gehörten zwar zu den sichersten weltweit. "Trotzdem dürfen wir uns nicht täuschen lassen: Der Flugverkehr steht nach wie vor im Fokus des internationalen Terrorismus."

Bei der Weiterentwicklung der Software zur Gesichtserkennung sei man auf einem guten Weg, sagte der Innenminister. Ein ähnliches System werde derzeit getestet, um herumstehende herrenlose Koffer aufzuspüren. Eine Kamera, die ein solches Objekt erfasst hat, würde dies nach Ablauf einiger Minuten melden. De Maizière: "Die Behörden müssen technisch können, was ihnen rechtlich erlaubt ist."

Unterstützung für Gesichtsscanner signalisierte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka. Der Vorstoß sei rechtlich unproblematisch. "Ich würde mich nicht dagegen sperren", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Wichtiger sei allerdings eine flächendeckende Ausstattung der Bundespolizei mit moderner Technik. Lischka: "Wenn man diese Software, die wahrscheinlich erst in einigen Jahren ausgereift sein wird, jetzt punktuell einsetzt, während viele Beamte weiterhin mit 15 Jahre alten PCs arbeiten müssen, dann ist das so, als wolle man ein Sahnehäubchen auf einen Kuchen setzen, der noch gar nicht gebacken ist." Die Bundespolizei brauche eine bessere Ausstattung mit Informationstechnologie und nicht nur "kleine High-Tech-Inseln". Das von Ralf Jäger (SPD) geleitete NRW-Innenministerium wollte sich gestern noch nicht zu dem Berliner Vorstoß äußern.

Auf deutliche Distanz zum Bundesinnenminister gehen dagegen die Grünen in NRW. "Ich kann bei der Gesichtserkennung keinen Sicherheitsgewinn sehen", sagte die innenpolitische Expertin der NRW-Grünen, Monika Düker, unserer Redaktion. Bahnhöfe und Flughäfen würden schon jetzt ausreichend mit Videokameras überwacht. Zusätzliche Maßnahmen seien ein Eingriff in die Persönlichkeitssphäre, für die es wohl keine rechtliche Grundlage gebe. Sie habe den Eindruck, als seien die Ankündigungen de Maizières den bevorstehenden Wahlkämpfen geschuldet. Am 4. September findet in Mecklenburg-Vorpommern die Landtagswahl statt. Eine Woche später die Kommunalwahl in Niedersachsen. Außerdem wird in Berlin am 18. September das Abgeordnetenhaus gewählt.

De Maizière verteidigte am Wochenende die Forderung seiner Unionskollegen in den Ländern, nur für bestimmte öffentliche Bereiche ein Burka-Verbot zu verhängen. Laut ihrer gemeinsamen "Berliner Erklärung" soll dies etwa für Ämter, Kindergärten, Schulen, Universitäten und Gerichte sowie beim Autofahren gelten. Auch er lehne die Burka ab, erklärte der Minister. Die Vollverschleierung sei frauenfeindlich und ein Affront gegen die offene Gesellschaft. "Aber man kann nicht alles, was man ablehnt, gleich verbieten." Zudem wolle er nicht mit einem Burka-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte der "Welt" zu Forderungen aus CDU und CSU nach einem Burka-Teilverbot: "Da merke ich, dass sich an ihrer konservativen Blut-und-Boden-Weltsicht nichts geändert hat. Die Union rückt wieder ganz weit nach rechts." Gegen ein Verbot der Vollverschleierung sprach sich der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, aus. Das Burka-Verbot stehe "für reine Symbolpolitik" und lenke von den tatsächlichen Problemen ab, die man im Bereich der inneren Sicherheit habe.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück entscheidet heute darüber, ob ein Abendgymnasium eine vollverschleierte Muslimin unterrichten muss. Die Frau habe Klage eingereicht, weil das Osnabrücker Gymnasium eine bereits erteilte Zulassung widerrufen habe, hieß es.

(hüw)
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