Persönlich Philippe Martinez . . . zündelt in Frankreich

Kaum zu glauben, aber vor drei Monaten kannten die meisten Franzosen Philippe Martinez noch nicht. Und das trotz seines imposanten Schnäuzers, der die einen an Asterix erinnert, die anderen dagegen eher an Stalin. Das mit dem Bekanntheitsgrad hat sich jedenfalls geändert, seit sich Martinez als Vorsitzender der Gewerkschaft CGT an die Spitze des Kampfes gegen die von der Pariser Regierung geplante Arbeitsmarktreform gesetzt hat.

Seither kann man dem 55-Jährigen nicht mehr entgehen. Er ist in Talkshows, gibt Interviews am laufenden Band, marschiert in Demonstrationen immer vorneweg. Weil ihm das noch nicht reichte, ließ er vorletzte Woche ein Manifest an alle französischen Zeitungen verschicken. Jene, die Martinez' Klassenkampfprosa nicht abdrucken wollten, wurden zur Strafe bestreikt.

Vor politischer Brandstiftung hat Martinez keine Angst, so viel ist klar. Unlängst ließ er sich dabei fotografieren, wie er vor einem blockierten Treibstoffdepot in Nordfrankreich eigenhändig einen Autoreifen ins Feuer warf. Da wurde altgedienten CGT-Mitgliedern ganz warm ums Herz. Denn die 1895 gegründete Gewerkschaft, die lange als verlängerter Arm der Kommunistischen Partei diente und ihr bis heute sehr nahesteht, siecht dahin. Nach dem Krieg zählte man fünf Millionen Mitglieder, heute sind es nicht einmal mehr 700.000. In dem knallharten Konfrontationskurs gegenüber der Regierung sieht Martinez das einzige Mittel, den Bedeutungsverlust der CGT zu stoppen.

Dabei gerät der in einem Pariser Vorort geborene Sohn spanischer Einwanderer ausgerechnet mit Premierminister Manuel Valls aneinander, dem anderen spanischen Immigrantensohn. Doch während Valls an der Sorbonne studierte, fing Martinez bei Renault an. In der CGT stieg er schnell auf, auch dank seiner Lebensgefährtin, die ihm gegen das Votum der Mitglieder einen Führungsposten zuschanzte. Kommunisten sind eben auch nur Menschen.

Matthias Beermann

(RP)
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