Persönlich Gregor Gysi . . . wird Chef der Linken in Europa

Im Bundestag sieht man Gregor Gysi nur noch selten, seitdem er sich 2015 vom Posten des Fraktionschefs zurückgezogen hat. Auch die Fraktionssitzungen schwänzt er häufiger, wie von den Abgeordneten-Kollegen zu hören ist. Doch Gysi hat sich noch nicht von der politischen Bühne verabschiedet. 2017 will er noch einmal in den Bundestag einziehen. Am Samstag ließ er sich zudem zum Chef der Europäischen Linken (EL) wählen. Keine einfache Aufgabe: Die Linken in Europa gelten als Sammelbecken von Sozialisten, Kommunisten und Linkspopulisten.

Gysi kann auch linkspopulistisch. Das hat der 68-Jährige in vielen TV-Talkshows unter Beweis gestellt. Seine Fähigkeit, mit brillanter Rhetorik und einfachen Botschaften die Menschen für sich zu gewinnen, will er nun in den Dienst der Europäischen Linken stellen. Was er damit bewirken kann, ist offen. Bislang hat die EL keinen großen Einfluss in Europa. Gysis Plan ist es, die Brüsseler Bürokraten anzugreifen, zugleich aber das Projekt Europäische Union nicht zu torpedieren, wie es die Rechtspopulisten tun. Die Linke müsse "leidenschaftlicher, rebellischer, aktiver" werden, sagte Gysi gestern zum Abschluss des Treffens der Europäischen Linken in Berlin.

Obwohl der Jurist für seine haarspalterische Argumentationsweise berüchtigt ist, sollte man seine integrative Kraft nicht unterschätzen. Von ihm ging 2004 der Impuls aus, die ostdeutsche PDS und die westdeutsche WASG zusammenzuführen. Er war es, der den früheren SPD-Chef Oskar Lafontaine davon überzeugte, dass nur eine vereinigte Linke als relevante politische Kraft in Deutschland eine Chance hat. Immerhin hielt er auch zehn Jahre lang die Linksfraktion im Bundestag zusammen. Es gab zwar immer wieder Klagen über seine Defizite in der Organisation und bei der Kärrnerarbeit. Für die großen Linien war er aber immer gut. Und solche Leute braucht Europa jetzt - in allen politischen Parteien.

(qua)
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