Athen Griechische Präsidentenwahl wird zur Machtprobe

Athen · Griechenland hegte Hoffnungen, im neuen Jahr mit einer letzten Hilfe der EU-Partner wieder wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen zu können. Doch der Traum gerät ins Wanken. Die eigentlich nur formelle Wahl eines neuen Staatspräsidenten - der lediglich repräsentative Funktion hat - im Parlament droht das Land heute in eine lange Phase der Unsicherheit zu stürzen. "Alles hängt am seidenen Faden", warnt Vize-Regierungschef Evangelos Venizelos (Sozialisten). Manche Beobachter reden sogar wieder vom Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Notenbankchef Ioannis Stournaras schlägt Alarm: Die Gefahr einer neuen Krise sei groß.

Warum aber gibt es diese Ängste? Der Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialisten fehlen genau 25 Stimmen unabhängiger Abgeordneter und Parlamentarier kleinerer Parteien, um den eigenen Kandidaten, Ex-EU-Kommissar Stavros Dimas (73), als neuen Präsidenten durchzubringen - und damit vorgezogene Parlamentswahlen abzuwenden. Gelingt die Wahl, könnte Regierungschef Antonis Samaras bis Juni 2016 regieren.

Heute treten die Abgeordneten zum ersten Wahlgang an. Gebraucht werden dabei 200 Stimmen der insgesamt 300 Mandatsträger. Beobachter rechnen nicht mit einem Erfolg, da die Regierungskoalition nur 155 Abgeordnete hat. Die Regierungskoalition hofft auf Stimmen unabhängiger Abgeordneter und kleinerer Oppositionsparteien für Dimas. "Damit das Land stabil bleibt", sagt Samaras.

Die Oppositionspartei "Bündnis der radikalen Linken" (Syriza) und ihr Chef Alexis Tsipras (40) wollen dagegen die Präsidentenwahl als Hebel nutzten, um vorgezogene Parlamentswahlen zu erzwingen. Tsipras' Partei wäre laut Umfragen Sieger, wenn bald gewählt würde. Er will die Reformen wieder rückgängig machen - weshalb die Europäische Union den amtierenden Regierungschef Samaras unterstützt.

Finanzkommissar Pierre Moscovici rief die Griechen gestern dazu auf, das bestehende Sparprogramm abzuschließen. Dann werde es eine vorbeugende Kreditlinie geben. Der Bundestag wird voraussichtlich noch in dieser Woche über weitere Hilfen für Griechenland abstimmen.

(dpa)
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