Berlin Grüne kritisieren neue Weltpolitik

Berlin · Es fehlen die Mittel, um auf Krisen zu reagieren, sagt Fraktionschef Hofreiter.

"Wir haben eine intensive Debatte erlebt - aber leider nur wenig zielgerichtete Taten." Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fällt die Bilanz von einem Jahr "mehr deutscher Verantwortung in der Welt" enttäuschend aus. Anfang Februar 2014 hatten Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigt, Deutschland werde sich "früher, entschiedener und substanzieller" in Konflikte einschalten.

Hofreiter wies im Gespräch mit unserer Zeitung darauf hin, dass die Regierung tatsächlich die Mittel für humanitäre Hilfen um 38 Prozent gekürzt und angesichts der Vielzahl von Krisen die Kürzung zurückgenommen und das als Erhöhung verkauft habe. "Das war nur ein Trick, um so zu tun, als übernähme man mehr Verantwortung", sagte Hofreiter. Tatsächlich sprächen jedoch auch die gravierenden Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr für sich.

Eine "eindeutige Veränderung der Politik" sei sicherlich die Entscheidung, erstmals Waffen in ein Krisengebiet, in den Nordirak, zu liefern. "Das hat nichts mit Krisenprävention zu tun", betonte Hofreiter. Denn die Bundesregierung habe "keine Ahnung, wo die Waffen gelandet sind". Deshalb stelle er die Frage, ob das verantwortliche Politik sei. Ähnliches gelte für den Mali-Einsatz, der nach Informationen aus der Truppe schlecht durchgeführt werde und auch immer noch nicht in eine Afrika-Strategie eingebunden sei. Wenig von Verantwortung zu spüren sei zudem in Zentralafrika, wohin die Regierung nur vier Soldaten in eine EU-Mission entsandt habe, obwohl der Bundestag 80 genehmigte. Nicht einmal die Botschaft sei nach der Schließung vor 18 Jahren wieder in Betrieb genommen worden.

Die Grünen stünden der Absicht, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen, ganz und gar nicht ablehnend gegenüber. "Ich lehne es nur ab, Verantwortungsübernahme vor allem militärisch zu definieren", erläuterte Hofreiter. Das habe auch der Bundespräsident vor einem Jahr nicht so gemeint. Es gehe eben nicht darum,Tabus zu brechen, wie es die Verteidigungsministerin propagiere. "Nach meinen Eindruck kaschiert die Regierung mit dem Stichwort ,mehr Verantwortung' ein aktionistisches und unverantwortliches Handeln", sagte der Fraktionsvorsitzende.

Es fehlten auch die Mittel, um auf Krisen rechtzeitig zu reagieren. Hofreiter: "Wer mehr Verantwortung übernehmen will, muss das auch diplomatisch, methodisch, finanziell und intellektuell unterlegen, statt nur davon zu reden und dann vor einem nicht funktionierenden Transportflieger zu stehen."

(may-)
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