Gutes Missverständnis

Die Wahl des neuen Literaturnobelpreisträgers ist ein Missverständnis. Weil sie erstens nicht so revolutionär ist, wie sich die Königliche Akademie zu Stockholm das vielleicht gedacht oder erhofft haben mag. Die Entscheidung ist nicht einmal spektakulär jung angesichts des 75-jährigen Singer-Songwriters Bob Dylan, dessen größte Erfolge jetzt auch schon etliche Jahre zurückliegen.

Die Wahl des neuen Literaturnobelpreisträgers ist ein Missverständnis. Weil sie erstens nicht so revolutionär ist, wie sich die Königliche Akademie zu Stockholm das vielleicht gedacht oder erhofft haben mag. Die Entscheidung ist nicht einmal spektakulär jung angesichts des 75-jährigen Singer-Songwriters Bob Dylan, dessen größte Erfolge jetzt auch schon etliche Jahre zurückliegen.

Das größte Missverständnis aber trifft uns und unsere Anspruchshaltung. Als sei der Literaturnobelpreis eine Weltmeisterschaft wie jede andere mit einem unstrittigen Sieger am Ende. In solche Schemata fügen sich Literatur und Dichtung nicht. Die Wahl - so verblüffend, empörend und grandios sie jetzt auch genannt wird - ist vielleicht wegweisend: als Abschied von einem alten kanonischen Literaturverständnis und als heilsame Irritation eines nur noch routinierten, um sich selbst kreisenden Kulturbetriebs. Am Ende ist es ja nicht die Akademie, die Dylan preiswürdig macht. Es sind auch nicht die Kritiker. Zum Schluss sind immer wir es: die Leser - pardon: die Hörer. "The Times They Are A-Changin'".

(los)
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