Analyse Hamas ist auch in der arabischen Welt isoliert

Tel Aviv · Das Ansehen der Islamisten hat einen historischen Tiefpunkt erreicht: Die einst populäre, authentische lokale Alternative zu korrupten Regimen gilt nun als kompromissloser Kriegstreiber.

Der Nahost-Konflikt ist überall auf den TV-Geräten präsent
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Die Hamas ist über die Reaktionen in der arabischen Welt entsetzt - oder eher, über deren Ausbleiben. "Die arabische Welt hat uns verraten", klagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri: "Sie unternimmt nichts, um Gaza zu retten." Die Araber ließen die Palästinenser "in diesem Krieg völlig allein".

Tatsächlich wird der Hamas im wiederentflammten Nahost-Konflikt die alleinige Schuld zugeschoben. Ausgerechnet im Staat, der für die Organisation die wichtigste Rolle spielt, ist der Hass auf die palästinensische Zweigstelle der Muslimbrüder am größten: Seitdem Ägyptens Armee vor einem Jahr die Muslimbrüder in Kairo stürzte und stattdessen den General Abdel Fatah al Sisi an die Spitze stellte, gelten die Islamisten als Staatsfeinde.

Zwar wird Israels Vorgehen in Gaza von den ägyptischen Medien scharf kritisiert, dennoch machte die Tageszeitung "Al Wad" allein die Hamas für die Eskalation in Gaza verantwortlich, weil sie Kairos Initiative für eine Waffenruhe ausgeschlagen hatte und Raketen auf Israel abschießt. Die Zeitung "Al Hayat" warf der Hamas sogar vor, sie stärke Israels Hardliner durch ihren eigenen Extremismus. Und Ägyptens Außenminister Sameh Schukri meinte, die Hamas hätte zig palästinensische Menschenleben retten können, "wenn sie nur unser Angebot angenommen hätten".

Das Ansehen der Hamas hat einen historischen Tiefpunkt erreicht, den sie durch falsches Paktieren selber mitverschuldet hat. Vor Beginn des Arabischen Frühlings galt sie als Vertreterin der Achse des Widerstands - eine populäre, authentische lokale Alternative zu korrupten Regimen, die vom Westen gestützt wurden. Ihr Hauptquartier war in Damaskus, Geld und Waffen kamen aus dem Iran und aus den tiefen Taschen reicher Scheichs am Persischen Golf. Doch der Bürgerkrieg in Syrien machte es der volksnahen Bewegung unmöglich, auf der Seite des zunehmend verhassten Baschar al Assad zu bleiben. Der massakrierte nämlich nicht nur sein eigenes Volk, sondern war auch noch Vasall des schiitischen Irans, der von sunnitischen Arabern ebenfalls immer mehr als Fremdmacht angesehen wurde. Also brach Hamas-Führer Khaled Maschal seine Zelte in Syrien ab und zog nach Katar. Ohnehin baute er darauf, dass der Schutzschirm Syriens und des Irans bald durch einen viel besseren Patron ersetzt werden würde: Arabiens größter Staat - Ägypten. Hier übernahm die Muslimbruderschaft, die Mutterorganisation der Hamas, die Macht.

Doch der dortige Armeeputsch im vergangenen Sommer machte Maschal einen Strich durch die Rechnung. Kairo führt seither Krieg gegen die Hamas. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wurden fast alle Schmugglertunnel zwischen dem Sinai und Gaza geschlossen - und damit die militärische und wirtschaftliche Lebensader der Hamas gekappt. Bis auf Katar und die Türkei, zwei Staaten, die in der Region selber immer unbeliebter werden, steht niemand mehr zur Hamas.

(RP)
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