Berlin/Brüssel Handy-Affäre: EU wehrt sich gegen USA

Berlin/Brüssel · Deutschland und Frankreich wollen ihre Verbündeten zu Spionage-Spielregeln verpflichten.

Berlin/Brüssel: Handy-Affäre: EU wehrt sich gegen USA
Foto: Maurizio Gambarini

Im Skandal um die Ausspähung von Mobiltelefonen europäischer Staats- und Regierungschefs durch die USA wollen Deutschland und Frankreich gemeinsam gegen diese Praktiken vorgehen. Bis Jahresende wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Präsident François Hollande mit Washington Regeln für die Geheimdienste festlegen. Andere EU-Staaten sollen sich der Initiative anschließen können, wie beim EU-Gipfel in Brüssel deutlich wurde. "Die offensichtliche Unkontrollierbarkeit der US-Geheimdienste ist ein Alarmsignal", sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD). Merkel soll Gipfelteilnehmern zufolge auch ein "No spy"-Abkommen zwischen den einzelnen EU-Staaten gefordert haben. Die Reaktion der Teilnehmer sei "aufgeschlossen" gewesen, hieß es in EU-Kreisen.

Auch innenpolitisch soll der Späh-Skandal Konsequenzen haben. Die Union will die Bürger im Internet gesetzlich stärker schützen. "Wir brauchen ein IT-Sicherheitsgesetz", sagte Unionsfraktionsvize Günter Krings. Zuvor hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel indirekt Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) kritisiert. Er erinnere sich gut daran, wie Teile der Politik die NSA-Affäre für beendet erklärt hätten, sagte Gabriel: "Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen." Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte hingegen, die Regierung habe schon im Sommer erklärt, dass ein Abschöpfen von Daten und Kommunikation ein "massiver Eingriff" in die deutsche Souveränität sei. CSU-Chef Horst Seehofer geht davon aus, dass auch andere Mitglieder der Bundesregierung von den US-Geheimdiensten ausgespäht wurden. "Die Kanzlerin abzuhören, aber den Verteidigungsminister nicht, erscheint mir relativ unplausibel", sagte er. Außer Merkel sollen 35 weitere internationale Spitzenpolitiker überwacht worden sein, wie der "Guardian" berichtete. Dazu habe die NSA von einem US-Regierungsbeamten 200 Nummern erhalten.

Die Opposition forderte einen Untersuchungsausschuss und eine Sondersitzung des Parlaments. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi forderte, Deutschland müsse größeren Druck auf die USA ausüben. "Ein wichtiges Zeichen wäre, Herrn Snowden umfassend als Zeugen zu Straftaten gegen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes einschließlich der Bundeskanzlerin zu hören", sagte Gysi. Anschließend müsse ein Zeugenschutzprogramm mit einem sicheren Aufenthalt in Deutschland angeboten werden.

(ing/may-/qua)
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