Düsseldorf Hannelore Kraft spricht sich gegen "Ruhr-Soli" aus

Düsseldorf · Beim Länderfinanzausgleich sieht die NRW-Regierungschefin ihr Land benachteiligt. "Bittstellerin" will sie aber nicht sein.

Im finanzschwachen Oberhausen - jeder Bürger ist dort zurzeit mit 8369 Euro verschuldet - muss die NRW-Regierungschefin die Notlagen der Städte nicht ausführlich erläutern. "Wir wollen mehr von dem behalten, was hier erwirtschaftet wird", sagte Hannelore Kraft beim "Zukunftskonvent" der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten in Oberhausen. Die rund 400 Genossen klatschen.

Auf der Veranstaltung wollte die SPD eine Strategie suchen, wie NRW für die Zukunft fitgemacht werden kann. Bauminister Michael Groschek erklärte, sein Ministerium wolle durch gezielte Quartiersentwicklung Luxuslofts und Armenghettos vermeiden. Der ehemalige Vizekanzler Franz Müntefering sprach sich dafür aus, die regionale Vernetzung zu stärken. Und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks machte sich für die energetische Sanierung im Quartier stark. Doch die Frage nach den Finanzen überlagerte alles.

Kraft wies die Forderung des Initiativkreises Ruhr nach einem "Revier-Soli" für die hoch verschuldeten Ruhrpott-Städte zurück. "Ich bin gegen einen ,Ruhr-Soli'. Wir sind keine Bittsteller." Die Landeschefin forderte erneut einen "fairen Anteil" bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs - und lenkt die Pfeile damit Richtung Berlin.

Der Finanzausgleich versucht, die unterschiedliche Finanzkraft in Deutschland auszugleichen: vertikal zwischen Bund und Ländern, horizontal unter den Bundesländern. Aus dem ursprünglichen Ausgleich sei jedoch eine Überkompensation für einzelne Länder geworden - zulasten von NRW, kritisierte Kraft. Zwar habe das Land aus dem engeren Finanzausgleich 2013 rund 700 Millionen Euro erhalten, aber 2,4 Milliarden Euro in den vorgeschalteten Umsatzsteuertopf eingezahlt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) widerspricht der NRW-Chefin. Kraft berücksichtige nicht, dass der Bund den Ländern für den Vorabausgleich sieben Punkte Umsatzsteuer abgegeben habe. Deshalb sei NRW Empfängerland, betonte Schäuble. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans bezeichnete diese Auffassung gestern als "schlechten Witz".

Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Neuordnung der Finanzbeziehungen ab 2019 sind zurzeit völlig festgefahren. Ein für diese Woche geplantes Treffen zwischen Schäuble und seinen Länderkollegen wurde wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgesagt. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer lehnen es offenbar ab, den Solidaritätszuschlag ab 2020 in den Einkommensteuertarif zu integrieren, wie unsere Zeitung aus Regierungskreisen erfuhr.

(RP)
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