Kolumne Hier In Nrw Hannelore Krafts sonderbare Informationspolitik

Ungewöhnlich: Da stellt die Ministerpräsidentin eine eidesstattliche Erklärung zu den Kölner Übergriffen ins Internet, mag aber nicht darüber sprechen. Wer hat ihr denn zu dieser Geheimniskrämerei geraten?

Mit den beispiellosen sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln befassen sich seit Monaten Justiz und Politik. Das Bemühen, möglichst viele der Täter zu verurteilen, dürfte angesichts der dünnen Beweislage aber nur in den seltensten Fällen zum Erfolg führen.

Parallel dazu befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags mit der Frage, wann die Landesregierung mit Hannelore Kraft an der Spitze vom Ausmaß dieser Angriffe rund um den Kölner Hauptbahnhof Kenntnis hatte. Krafts Darstellung, dass sie dies erst am 4. Januar erfahren habe, mochten Oppositionspolitiker nicht so recht glauben.

Um diese lästige Debatte zu beenden, hat sich Kraft zu einem höchst ungewöhnlichen Schritt entschlossen und eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, wonach sie im fraglichen Zeitraum keinen Kontakt zu ihren engsten Beratern hatte (was an die "Funkloch-Affäre" erinnert). Krafts Erklärung wurde am Mittwochabend - dem Tag vor Fronleichnam - von ihrer Staatskanzlei auf der Homepage des Landes mit zahlreichen Dokumenten veröffentlich. So weit, so nachvollziehbar.

Die Staatskanzlei hielt es jedoch nicht für erforderlich, über diese Veröffentlichung eine Presseerklärung herumzuschicken. Das verwundert, denn normalerweise wird nicht mit Hinweisen an die Presse gegeizt.

Noch verwunderlicher: Auf ihrer Norwegen-Reise, bei der sie vergangene Woche von mehreren Journalisten begleitet wurden, sagte Kraft kein einziges Wort zu ihrer eidesstattlichen Erklärung, obwohl das Thema Köln auch in abendlichen Hintergrundgesprächen eine Rolle spielte. Kein Wunder, dass die mitreisenden Reporter verärgert waren; sie erfuhren erst kurz vor dem Rückflug am Freitag aus einer Agenturmeldung von dieser Kraft-Erklärung. Sie können sich noch immer keinen Reim darauf machen, warum die Regierungschefin tagelang schwieg, wo ihr doch eigentlich daran hätte gelegen sein müssen, ihre Klarstellung möglichst breit publiziert zu sehen.

Wer auch immer Kraft zu dieser Geheimniskrämerei geraten hat - einen Gefallen hat er ihr damit nicht getan. Denn etliche Medien widmeten ihrer Erklärung weitaus mehr Platz als ihrem Kein-Kind-Zurücklassen-Besuch in Norwegen. Man fragt sich, warum die eidesstattliche Erklärung nicht erst nach Krafts Rückkehr veröffentlicht wurde.

Kraft wird sicherlich zu alledem in dieser Woche auf ihrer Pressekonferenz eingehend befragt werden. Der von ihr angesetzte Termin ist allerdings für Journalisten ziemlich ungünstig: Freitag, 15 Uhr. Da herrscht in den Redaktionen Hochbetrieb. Hat ihr das niemand gesagt?

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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